tretend, allmählich sich in die politischen Verhältnisse mischend,
schon seit dem Fall des Sonrhay-Reiches, dann aber im Anfänge
dieses Jahrhunderts von reformatorischem Impuls des
Isslam ergriffen, siegreich neue Reiche, auf den Trümmern
der alten gründend.
Für den ganzen Erfolg meiner Entdeckungsreise war es
von der höchsten Bedeutung, wie ich mich zu diesem herrschenden
Stamme steRen sollte. Hier war die erste Provinz
jener ausgedehnten Reiche, hier der erste fast unabhängige
Statthalter. Während wir mein Zelt aufschlugen — es war das
einzige im ganzen Lager und darum, wenn auch unscheinbar und
klein, doch höchst auffällig und hervorragend — kam der
Statthalter, der Sultan, wie ich nach Sudan-Sitte sagen sollte,
von Kätsena mit zahlreichem Gefolge wohlberittener Begleiter
angesprengt und zog nahe am Lager vorüber. Er warf einen
Blick auf mein Zelt. Gewiss hatte er schon früher von unserer
Expedition gehört; denn der Ruf unserer Schicksale in
Ashen musste in den Neuigkeiten des Sudans keinen geringeren
Gegenstand bilden, als für Europäische Verhältnisse
die Einnahme des Malakoff oder eine Revolution in Paris.
Aber er ward jetzt officiell von Eleidji, dem Führer des Airi,
belehrt, dass dies das Zelt eines der drei Christen sei, die
vom Norden gekommen wären.
Demgemäss sandte er mir bald darauf einen Widder und
zwei grosse Kalabassen oder Dümma’s — aus der Schale
der Fucillea trilobata — voll Honig. Es war ein fürstliches
Geschenk, jedoch eben aus diesem Grunde nur viel eher unangenehm
als angenehm; denn es legte mir die Verpflichtung
auf, dem Herrn auch ein fürstliches Gegengeschenk zu
machen, während ich nicht einen einzigen, werthvollen Gegenstand
besass. Anstatt mich also über die mir angethane
Ehre zu freuen, konnte ich gewisse besorgliche Ahnungen
nicht unterdrücken; jedoch liess ich mich dadurch nicht
von meinen Nachforschungen zurückhalten.
Auf dem Marsche hatte ich fortwährend meine Aufmerksamkeit
darauf gerichtet, eine annähernde Schätzung der
Grösse der Salzkarawane zu machen, da dies ein Punkt von
hoher Wichtigkeit war, um genau die Bedeutung dieses gros-
sen nationalen Handelsverkehrs erwägen zu können. Trotz
aller meiner Bemühungen jedoch gelang es mir erst heute,
ein Verzeichniss der verschiedenen Abtheilungen, welche den
Airi zusammensetzten, zu erhalten. Aber obwohl Yähia, einer
der angesehensten von Annür’s Dienern, mir versicherte, es
seien ihrer mehr als 30, war ich doch nicht fähig, mehr als
die folgenden zu ermitteln. Mit uns auf demselben Platze
gelagert waren folgende Abtheilungen: das Salz von Annür;
die Abtheilung Eleidji’s; diejenige Hamma’s mit den Kel-
täfidet; Ssalah’s Abtheilung; die Hadj Machmüd’s mit den Kel-
tagrimmat; das Salz von Amaki mit denAmäkita; dasjenige
der Im - assärhlar, welche Mohammed dan Aggeg anführte;
das Salz der Kel-asaneres; das der Kel-inger, der Leute
Singhina’s; dasjenige der Kel-aghuau, und endlich das der
Kel-tschimmia. Ohne Zweifel hatte keine dieser Abtheilungen
mehr, wohl aber mehrere weniger als 200 mit Salz beladene
Kameele *), wobei die jungen, ohne Last nebenher laufenden
Thiere nicht eingerechnet sind. Alles Salz demnach,
das zur Zeit hier lagerte, war höchstens 100 Millionen Kurdi
werth, eine Summe, die etwa 40,000 Spanischen Thalern
gleichkommt.
Ausser den eben angeführten Abtheilungen des Airi waren
die Eräsar noch zurück und die folgenden. Abtheilungen
waren schon voraus: die Kel-n-Neggaru, die Isseräraran mit
dem Häuptling Bärka und dem Tämberi (Kriegsanführer)
Nassöma, und die Ikäskesan mit den Häuptlingen Mohammed
Irhölar und Wuentü-ssa. Wir dürften demnach nicht weit
*) Annur’s Abtheilung hatte ursprünglich etwa 300 gezählt, davon aber
waren viele Ladungen theils in Tessaua geblieben, theils nach Sinder gegangen.
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