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594 XV. Kapitel.
Provinz die zugänglichste vom Meere aus ist, — ein Punkt,
den sie nicht erwähnten, der aber wahrscheinlich doch sein
volles Gewicht hatte. Was ich immer dagegen Vorbringen
mochte, die Frage war entschieden und alles Reden war
vergeblich.
Obgleich sich die beiden Abgesandten auf diese Weise
ihres Auftrages zur Genüge entledigt und die Sache eigentlich
erschöpft hatten, kündigten sie mir doch an, dass sie nur
die Vorläufer des wirklichen Botschafters seien und dass
Manssür, der Bruder des Statthalters, der Auserwählte sei,
um mir den Wunsch des Herrn kund zu thun. Dies war
eine höchst erfreuliche Nachricht für mich, und obwohl ich
nach dem missmuthigen Gefühle getäuschter Hoffnung, das
mir die erste Botschaft verursacht, mein Unwohlsein und
meine Schwäche doppelt fühlte, raffte ich mich doch von
meinem Lager auf, um Manssür, als er sich einstellte, an
der Thür der Hütte zu empfangen. Der freundliche Mann
bestätigte dann in amtsmässiger, aber doch sehr sanfter
Weise Alles, was Mode 'Abd Allähi und der Scherif Ahmed
gesagt hatten, und drückte sein tiefes Bedauern darüber aus,
dass es mir nicht erlaubt sei, hier einen längeren Aufenthalt zu
nehmen. In dem ganzen Wesen dieses Mannes lag ein so sanftes,
theilnehmendes Gefühl, wie man es bei dem männlichen
Theile der Eingeborenen Afrika’s selten findet, und ich konnte
ihm nichts entgegnen, als dass ich mein Bedauern aussprach,
dass eine Förmlichkeit, wie' die der Genehmigung des Oberherrn
von Sökoto, mich von diesem Lande, nach dessen Besuch
ich mich so lange gesehnt und dessen Bewohner mich im
Ganzen so freundlich aufgenommen, forttreibe.
Als er sich entfernte, übergab ich seinen Dienern das kleine
Geschenk, das ich für ihn bestimmt hatte; es bestand in
25 Drä gestreiftem Manchester, einem Paar Englischer Rasir-
messer, einer Scheere, einem Spiegel, einem Päcktchen Gewürznelken,
etwas Benzoe-Gummi — „djaüi” — und einem kleinen
L
Ausweisung des Reisenden aus der Stadt. 595
Stück Kampher. Eine kleine Weile, nachdem er fort war, ward
mir angezeigt, dass der Statthalter selbst mir ein Pferd und
zwei Sklaven zum Geschenk gesandt habe, mit der Andeutung,
dass ich auch ihm das Geschenk, welches ich für ihn mit
gebracht hätte, übergeben möge. Dies verweigerte ich jedoch
und erklärte, dass ich, ganz abgesehen von den Sklaven, 'die
in unserem Lande ein Abscheu wären, unter gegenwärtigen
Umständen, wo der Statthalter mich nicht zulasse, sondern
mich aus seinem Lande fortschicke, weder etwas von ihm annehmen,
noch ihm geben könne; denn ich sei nicht als ein
Handelsmann in sein Land gekommen, um mit ihm Tauschhandel
zu treiben, sondern als der Abgesandte einer gewaltigen
Macht, um mit ihm auf freundschaftlichem Wege zu
unterhandeln, eine Zeit lang bei ihm zu bleiben und sein
Land und seine Leute kennen zu lernen. Alles, was von
den Anwesenden dagegen bemerkt wurde, war vergeblich;
ich blieb • bei meiner Aussage und liess mich auch nicht
durch die Unverschämtheit meines Dieners Bü-Säd irre machen,
der behauptete, dass, da das Geschenk, welches ich bei
mir .hätte, von meinem Fürsten käme, ich keine Wahl hätte,
sondern es abliefern müsse. Er hatte sich nämlich in der
Begierde seines Herzens schon im Besitze der beiden Sklaven
gewähnt, die ich,, wie er wohl wusste, nicht annehmen
konnte, von denen er aber hoffte, dass ich sie ihm überlassen
würde. Als die Boten sahen, dass ich bei meinem Entschlüsse
beharrte, entfernten sie sich, und bald darauf erschien
ein Reiter mit dem Befehl für mich, die Stadt unverzüglich
zu verlassen.
Mittlerweile, während diese ganze Verhandlung vor sich
ging, hatte meine Schwäche den höchsten Grad erreicht und
die Aufregung hatte einen sehr heftigen Fieberanfall zur
Folge. Mein Zustand verschlimmerte sich dermassen, dass ich
mich für gänzlich unfähig hielt, auf dem Pferde zu sitzen
und die Sonnenhitze zu ertragen; es war nämlich gerade