XI. KAPITEL.
Aufbruch zur Reise nach Adamaua. Die flachen Sumpfebenen Börnu’s.
[Donnerstag, 29fw Mai.} Um 4 Uhr Nachmittags yerliess
ich das südliche Thor von Kükaua und trat meine gefahrvolle
Reise nach Adamaua an. Mein kleiner Trupp hatte
sich noch nicht gesammelt; denn da ich zu der Zeit ausserordentlich
arm war, ja eigentlich ärmer als arm, da mein
ganzer Besitz in Schulden bestand, so hatte ich der Hoffnung
Raum gegeben, dass ich im Stande sein würde, all mein Gepäck
auf einem einzigen Karneel fortzubringen; als aber alle
Sachen aufgepackt waren: Mundvorräthe, Kochgeräth, das Zelt
und einige Geschenke, bemerkte ich, dass das eine schwache
Thier, welches ich hesass, nicht hinreichend sein würde, und
kaufte noch ein anderes von Herrn Dr. Overweg, das aber erst
von der Weide geholt werden musste. Ich liess daher zwei
Diener und meinen alten erfahrenen Haussa-Krieger, den
Mallem Katöri, den ich, wie schon oben erwähnt, ausdrücklich
für diese Reise in meinen Dienst genommen hatte, in
der Stadt zurück, um uns während der Nacht mit dem anderen
Kameele zu folgen.
Herr Dr. Overweg begleitete mich; er hatte einen jungen
aufgeweckten Burschen Namens 'Ali, aus Rhät gebürtig, welcher
sein Gepäck von Ivanö gebracht, bei sich. Die hervorragendste
Persönlichkeit in unserem Trupp aber war Billama*),
*) „Billama” bedeutet eigentlich „Bürgermeister”, von „billa”, „die Stadt”,
doch ist es in vielen Fällen zum Eigennamen geworden.
der mir vom Scheich zur Begleitung beigegebene Offizier. Er
war ein hocbgewachsener hübscher Bomauer von 6 Fuss 4 Zoll
Höhe und ritt einen ausgezeichnet schönen Apfelschimmel,
ebenfalls von ungewöhnlicher Höhe und von sehr schnellem
Schritt. Er hatte ausser einem Mann von Malay Ibräm, der
ebenfalls beritten war und uns bis an das Marghl-Land
geleiten sollte, zwei Diener bei sich. Die Leute aus Adamaua
sammelten sich allmählich, wie wir weiter zogen, aus
den umliegenden Weilern an, wo sie auf uns gewartet hatten,
und diejenigen unter ihnen, welche Lanzen trugen, grüss-
ten mich in der landesüblichen Weise mit geschwungener
Waffe, die sie an ihren grossen, schwarzen Schild aus Büffelhaut
schlugen; Mohämmedü war mit Schwert, Bogen und
Pfeilen bewaffnet. Die Boten waren nicht so gut behandelt
worden, als der Scheich aus Rücksicht auf mein Unternehmen
hätte thun sollen, und Ibrahima hatte anstatt eines
hübschen Pferdes, das man ihm versprochen,1 eine elende
Mähre zum Geschenk erhalten, die gänzlich untauglich für
ihn selbst und kaum kräftig genug war, sein Söhnchen und
seinen kleinen Vorrathssack zu tragen.
Sobald ich die Stadt hinter mir hatte und mich auf dem
Marsche sah, erging ich mich in den angenehmsten Empfindungen,
Ich hatte den Plan, nach dem Süden vorzudringen,
so lange gehegt, dass ich die grösste Genugthuung
darin empfand, nun endlich im Stande zu sein, meinen Wunsch
auszuführen. Damals nährte ich in der That die Hoffnung,
dass ich so glücklich sein könnte, Baia zu erreichen und
demnach meine Forschungen bis an den Äquator selbst auszudehnen
; indess war bei dieser Reise mein Hauptaugenmerk
immer darauf gerichtet, nach eigener Anschauung die Frage
über die Richtung und das System jenes grossen Flusses,
welcher dieses Land durchströmt, zu entscheiden.
Indem wir die Strasse nach Ngörnu zur Linken liessen,
erreichten wir mit Sonnenuntergang das Dorf Kärba; hier