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klagte, welcher uns bei aller Eile aus unserer Unkenntniss
der geraden Strasse erwüchse, als Führer dienen zu wollen.
Unglücklicherweise aber machte ich ihm zu früh ein
Geschenk, uud da er die mit ihm verabredete Zeit nicht einhielt,
zogen wir unseres Weges, so gut es möglich war.
Unsere Kameele hatten indess in dem kühlen Schatten der
Bäume eine gute Fütterung gehabt; denn wenn sie der Sonne
ausgesetzt sind, pflegen sie in der Tageshitze nicht zu fressen,
sondern legen sich lieber nieder. Wir brachen also um Uhr
Nachmittags mit frischen Kräften und neuer Energie auf, indem
wii sogleich den bedeutenden Abhang des aufsteigenden
Terrains, auf welchem das Dorf liegt, erstiegen. Da die
Sonne zu dieser Stunde noch sehr warm schien, liess sich
kein Bewohner des Dorfes sehn, mit Ausnahme einer emsigen
Frau, welche auf einem reinen offenen Platze — einem
„kaudi ihre Baumwollenfäden zum Gewebe aufspannte.
Dem Dorfe gegenüber, an der Nordseite unseres Pfades, stand
eine Gruppe leichter Kanembii-Hütten, die auf die einfachste
Weise aus langem, giebelartig im Kreise zusammengestelltem
und mit Seilen leicht verbundenem Maisrohr errichtet waren.'
Nachdem wir sofort von dieser bedeutenden Höhe wieder
herabgestiegen waren, betraten wir eine Einsenkung, welche
reichen Baumwuchs entfaltete. Hier erstaunte ich darüber,
dass man eine Heerde Rindvieh mit vieler Mühe aus dem
Brunnen tränkte, obgleich der Fluss so nahe war, wurde aber
vom nächsten Hirten, den ich darüber fragte, belehrt, dass
das stehende Wasser in dieser Jahreszeit für das Rindvieh
schädlich sei. Alle Bäume rings umher waren voll von Heuschrecken,
während der Himmel durch Schwärme von Thurmfalken,
von den Arabern „hadea” genannt, verdunkelt wurde.
Mit merkwürdigem Instinkt folgten uns diese Vögel, wohin
wir unsere Schlitte wandten, um die Heuschrecken, sobald
sie bei unserer Annäherung an einen Baum aus ihrer verheerenden
Ruhe aufgescheucht wurden und emporflogen, wegzuHeuschreckcnschwärme,
von Thurmfalken verfolgt.
fangen. In ihrer Gier schlugen sich dabei die Vögel nicht
allein mit ihren Flügeln, sondern belästigten auch häufig uns
selbst und unsere Thiere auf das Unangenehmste. Der eigen-
thüniliche Charakter einer mit sandigen Schwellungen und
reich bewachsenen Einsenkungen abwechselnden Oberfläche
blieb ununterbrochen auch in diesem Distrikte vorherrschend;
Dümpalmen hatten sich aber ganz verloren und nur Düm-
gestrüpp, das zum Verfertigen von Seilen und als Rindviehfutter
so wichtige „ngille” der Kanöri, war zu sehn. Etwa
Meilen hinter Schogo betraten wir ein breiteres und sehr
schönes Thalbecken mit reichem Weidegrund, von einer Anzahl
wohlgenährter Rinder belebt; auf den Stoppelfeldern
standen kleine Kornmagazine von der schon oben beschriebenen
Bauart zerstreut umher.
Indem wir nun über eine Strecke ebeneren, von einigen
bebauten Stellen unterbrochenen Weidelandes hinzogen,
erreichten wir die Felder von Bandego. Das Dorf kündigte
sich unseren Ohren schon von Weitem durch den Lärm
lauter Lustbarkeit an, und ich vermuthete, dass eine Hochzeit
die Veranlassung sei, hörte aber zu meiner Verwunderung,
dass es ein anderer .Freudentag im Leben der Moslemin,
nämlich die Beschneidung eines vornehmen Knaben, sei.
Es war in der That das erste und letzte Mal, dass ich diese
Ceremonie mit so viel Lärm in diesen Gegenden feiern sah ;
denn sonst wird sie gewöhnlich in aller Stille vollzogen. Froh
darüber, dass wir die Bewohner bei guter Laune fanden,
schlugen wir das Zelt hart an der Ostseite des Dorfes anf.
Ich .war eben im Begriffe, mich behaglich einzurichten, als
ich zu meiner nicht geringen Bestürzung hörte, dass die Mädchen
, welche kleine Geschenke zu dem F este gebracht hatten
und nun in Prozession nach Hause zogen, nach Nghurütua
gehörten, demselben Orte, wo vor Kurzem der Christ (Herr
Richardson) gestorben sei. Ich beschloss demnach, sie zu begleiten,
obwohl es schon spät war, um wenigstens einen Blick