nicht die gehörige Müsse erlaubten, den Windungen des
Stromes zu folgen und zu beobachten, wie er bald berantrat,
bald sieb entfernte.
In diesem Theile der Waldung war der „karäge” oder „gaüo”
(Acacia Giraffii?) der am meisten vorkommende Baum, obgleich
neben ihm eine grosse Mannichfaltigkeit von Bäumen
auftrat: der „tö-sso” oder die „kadena”, die „koraüa”, der
„kabui”, der „ssindi” und die akazienartige „paipaia”. Auch
hier blieb die dünne .fleischige Bekleidung. des Kernes der
„kadena” (Bassia Parlcn) und die schöne, feinschmeckende
Frucht des Gonda-Busches (Annonapalustris?) unsere Lieblingsleckerei.
Plötzlich ward die Energie unserer kleinen Gesellschaft rege
gemacht. Einige nackte Heiden waren im Gebüsche nahe
am Strome entdeckt worden, und so lange, als es ungewiss
war, oh sie nicht zu einer grösseren Schaar gehörten, waren
meine Gefährten in einem Zustande gewaltiger Furcht; sobald
sie aber die Gewissheit erlangt hatten, dass ihrer nur wenige
waren, trugen sie das heftigste Verlangen, auf sie ' loszustürzen,
um sie in die Sklaverei zu -schleppen.. Aber Ibrahima
spraoh mit würdevoller ernster Geberde das grosse Wort
„imäna, imäna”, was bedeutet, dass der Stamm, dem diese
Armen angehörten, seinem Herrn, dem Statthalter von Ada-
maua, Tribut zahlte; und es mochte wahr sein oder nicht,
gewiss that er wohl, diese unbedachtsamen Freunde zurückzuhalten,
anderen Leuten nachzustellen, während ihre eigene
Sicherheit in Gefahr war.
Um l l i Uhr erreichten wir den Anfang von Köfa, einem
Dorfe, das von Kaschella 'Ali geplündert und zerstört worden
war, und es war eben dieser Umstand gewesen, der Anlass,
zu den Beschwerden auf der Seite des Herrn von Adamaua
gegeben hatte, da der Letztere die Oberherrschaft über diesen
Platz beanspruchte. Mehrere Hütten waren schon mit
Sauberkeit wieder aufgebaut, — Alles „bongo” ; denn dies war
jetzt die allgemeine Bauweise geworden, ein deutlicher Beweis,
dass wir in’s Herz der tropischen Gegenden vorrückten.
Und wie die Hütten wieder aus der Erde aufstiegen,
so kehrten gleichfalls die Bewohner zu ihrem heimathlichen
Heerd zurück.
Wie langer Friede keine grossen Thaten, keine interessanten
Geschichtsbücher aufzuweisen hat, so kann auch der
ruhige alltägliche Gang friedlicher Verhältnisse keine ergreifenden
häuslichen Scenen darstellen. Welch’ eine Fülle der
tragischsten Verhältnisse aber liesse sich in diesen unglücklichen
und zerrissenen Ländern sammeln, wo der Reisende
Tag für Tag häusliches Glück mit Füssen getreten, Kinder
von den Brüsten ihrer Mutter und Weiber aus den Armen
ihrer Gatten gerissen sieht! So war auch ich hier Zeuge
einer höchst interessanten und lebensvollen Scene.
Unter den Leuten nämlich, die durch Ibrahnnä’s Bemühungen
— natürlich nicht aus menschenfreundlichen, sondern
bloss aus politischen Rücksichten unternommen — aus der
Sklaverei befreit waren, befand sich auch ein junges Mädchen,
aus diesem Dorfe gebürtig. Dieses arme Geschöpf
ward, sobald sie ihre heimathliche Stätte wiedererkannte, wie
von wildem Dämon getrieben und mit den lebhaftesten Geberden
lief sie einmal um das andere rund um alle Hütten
herum und fing dann wieder mit der ersten an. Aber nicht
alle Beute waren so glücklich, diejenigen wiederzusehn, welche
sie verloren hatten, und viele trübselige Mienen Solcher
konnte man beobachten, die vergeblich nach ihren Söhnen
oder Töchtern forschten. Jedoch war ich'hoch erfreut, zu
finden, dass Bfllama in wohlwollender Weise von dem kleinen
Reste der Bewohner dieser Dorfschaft begrüsst wurde, ein
Beweis, wie; ich mir vorstellte, dass er als Statthalter dieses
südlichsten Gaues des Bomu-Reiches nicht so grausam verfahren
war; denn da die Einwohner jetzt unter dem Schutze der
Fulbe standen, hatten sie keinen Grund, ihm zu schmeicheln.