VI. Kapitel.
Kornfeldern umlier zerstreut sind. Eine beträchtliche Anzahl
Reiterei des Scheichs von Börnu liegt hier gewöhnlich einquartiert.
Da ich den Brunnen nicht selbst ausfindig machen
konnte, musste ich mich der Erpressung von 40 „kiingona”
— Muscheln — unterwerfen, welche ein Mann mir auflegte,
um mein Pferd zu tränken. Während ich mich selbst indessen
im Schatten eines kleinen, dürftigen Talhabaumes nie-
derliess, um einen Augenblick zu ruhen, erblickte mich die
Frau des Mannes und begann ihren Gatten auszuschelten, dass
er einen so ungerechten Handel mit einem jungen, unerfahrenen
Fremden gemacht; darauf brachte sie mir zum Ersatz
ein wenig Tiggra und geronnene Milch, später sogar eine
Schüssel „ ngädji , eine Art Grütze aus Indischer Hirse, die
besonders mit Fischsauce eine der alltäglichsten und beliebtesten
Speisen in Börnu bildet.
Nachdem ich so meine Kräfte wieder gesammelt und zugleich
durch die freundliche Theilnahme der Frau eine gute
Meinung von der Menschenfreundlichkeit der Bewohnerinnen
dieses Landes gewonnen, setzte ich meinen Marsch fort; da
aber das Pferd während unserer kurzen Rast nicht ebenso
gute Pflege genossen hatte, wie ich selbst, auch die Hitze
sehr bedeutend war, besass es nur noch geringe Kraft und
unser Fortschreiten war desshalb sehr langsam. Endlich erreichte
ich das Dorf Kalüuä, woselbst ich anfing, ernstlich über
meine Lage nachzudenken. Dieselbe war in der That eigenthüm-
licher Art: ohne Mittel, im ärmlichsten Aufzug, ohne einen
einzigen Begleiter sollte ich die volkreiche Hauptstadt des
Fürsten betreten, dessen Freundschaft zu gewinnen, die erste
und wichtigste Aufgabe der Mission war, - Die Stadt lag nahe
vor mir; ich sah mich nach einem Menschen um, welcher mir
wenigstens einen Rath ertheilen könnte, wohin ich mich zuerst
zu wenden hätte. Die Hitze war gerade am höchsten; kein
lebendes Wesen war zu sehn, weder im Dorfe.*noch auf der'
Strasse, und ich überlegte, einen Augenblick zaudernd, ob es