Etwa um 11 Uhr Nachmittags betraten wir den reichen
Distrikt Daüana, welcher fast ausschliesslich dem wohlhabenden
Dan Mdlia zugehört und hauptsächlich von Fellani bewohnt
is t Hier war ein grösser Marktplatz, der mit mehreren
Reihen gut gebauter leichter Buden besetzt und von
einer grossen Anzahl Menschen besucht war. Einige Marktweiber
schlossen sich uns hier an und flössten uns die Hoffnung
ein, dass wir die „birni" heute noch vor Sonnenuntergang
erreichen würden; denn da das äussere Thor bald nach
Sonnenuntergang geschlossen wird, wäre es vergebens gewesen,
dasselbe später zu erreichen. Wir beschleunigten also unsere
Schritte so viel als möglich und unsere so verschiedenartig
zusammengesetzte Reisegesellschaft musste einen eigenthüm-
liehen Anblick darbieten. Sie bestand aus einem sehr mageren
schwarzen Pferde mit grobem wolligen Fell, im Werthe
von höchstens 4 Thalern; einer Mähre von etwa gleichem
Werthe in ihrem gegenwärtigen Zustande; einem Kameel,
meinem treuen Bü-ssaefi, jedenfalls dem respektabelsten Thier
in der Gesellschaft und mit einer höchst wunderlichen Ladung
belastet, die meinen gesammten Reisehausrath, Garderobe,
Zelt, Kochgeschirr, Schreibtisch und Bettgestell, umfasste;
einem Saumochsen, schwer beladen einherwandelnd;
endlich aus den vier dazu gehörigen menschlichen Individuen,
einem halbbarbarisirten Europäer, einem halbcivihsirten Gö-
ber-Tunesischen Freigelassenen, einem jungen, schmächtigen
Tebu-Burschen und dem wohlgenährten, handfesten und ernsten
Aufseher aus T äghelel.
So fortziehend, erreichten wir mit Sesam — „nöme” —
bestelltes Ackerland; dies war damals für mich ein ganz
neuer Anblick, der jedoch im weiteren Verlauf meiner Reise
gänzlich zur Gewohnheit werden sollte; denn Sesam ist einer
der Hauptnahrangszweige für die Bewohner der südlicheren
Zone der Afrikanischen Tropen, aber schon in Bagirmi von
der ausgebreitetsten Anwendung. Hier erspähte Gadjere in
der Feme zwischen den Bäumen den Gipfel des Hügels Dalä,
und wir Alle strengten unsere Augen an, um einen Blick
auf dieses Wahrzeichen Kanö’s zu gewinnen.
Die Gegend nahm hier einen neuen Charakter an, indem
einige Felder mit einer Buschart eingezäunt waren, die ich
bis jetzt noch nicht gesehn hatte, die ich aber im Verfolg
meiner Reise im Lande Münio oder Minyo in ausgebreiteter
Anwendung zu demselben Zwecke fand. Mein aufgeweckter
Begleiter nannte sie „fidde sereukka” , in Münio
wird sie „magara” genannt. Dieser Busch wächst bis zu
10 oder 12 Fuss Höhe, besitzt schlanke, grüne, blätterlose
Zweige und breitet sich nach oben zu weit aus; er hat
einen milchigen Saft, der in gewissem Grade für giftig gilt,
aber von manchen Eingeborenen als Heilmittel benutzt wird,
um durch Domen verursachte Eiterwunden auszubrennen.
Kurz darauf erreichten wir die erste vereinzelte Dattelpalme;
auch dieser Baum ist ein höchst charakteristisches
Zeichen von Kanö, wohin er höchst wahrscheinlich durch
Kunst verpflanzt ist. Da nun die Landschaft offen ward, gewannen
wir einen vollen Blick auf beide Stadthügel, den Dalä
sowohl wie den Kögo - n - dütsi, beide von der geraden Linie,
welche die Stadt aus der Entfernung beschreibt, aufsteigend.
Eben dieser Fernblick jedoch stimmte unsere Hoffnung,
die Stadt noch vor Sonnenuntergang zu erreichen, bedeutend
herab. Wir setzten aber unseren Marsch fort, obgleich in
nicht sehr beherzter Stimmung, da wir uns übler Vorahnungen,
das Missvergnügen des Statthalters uns zuzuziehen, nicht erwehren
konnten. Endlich erreichten wir das ersehnte Ziel.
Der Platz vor dem Thore, wo ein Theil des A'iri gelagert
war, hatte sehr wenig Einladendes, und ich hatte wenig Lust,
mich hier noch einmal in den Schutz der Asbenaua zu begeben,
die ich nicht einmal kannte. Mit Zuversicht also rückten
wir auf den tiefen, die Thonmauer durchbrechenden Thorgang
zu, vor dem sich ein gewaltiger Rlmi in die Luft erhob,