aus diesem Beispiel, welches aber nur eins unter Hunderten
ist, dass selbst diese einfachen Naturmenschen ein gewisses
Gefühl von Liebe besitzen.
[Montag, Juli.] Es kostete mich einige Schwierigkeit,
Billama zu bewegen, diesen gastfreundlichen Ort
zui verlassen; aber ich schämte mich, diesen guten Leuten,
die vor Kurzem durch Kaschelia 'Ali überfallen und beraubt
worden waren, mit meinem zahlreichen Trosse noch länger
zur Last zu fallen. Beim Aufbruch schlugen wir einen mehr
östlichen Weg ein, als den, welchen wir vorher gekommen waren;
aber im Ganzen war er von derselben Beschaffenheit, voll
von Löchern und Spalten und mit dichter Waldung bedeckt,
während die nahrhafte Wurzel „katakirri” die zahlreichen
Glieder unserer Karawane in beständiger Thätigkeit erhielt,
vor Allen aber einen Pullo-Wallfahrer aus Füta-djällo, der
sowohl im Ausgraben als im Verzehren derselben ganz unermüdlich
war. — Wir hatten kaum ein Paar Meilen zurückgelegt,
als wir einer Schaar Marghi begegneten, die auf dem
Wege nach I'ssege begriffen waren, um dort im heiligen Haine
ein Opfer darzubringen. Einer von ihnen führte zu diesem
Endzweck ein Huhn und ein Anderer ein Schaaf bei sich. Der
aus Elephantenhaut bestehende Schild eines dieser
rüstigen Wanderer war von nebenstehender Gestalt
und mit breiten dunkelrothen Linien geziert, was
sich auf dem schwarzen Grunde sehr gut ausnahm;
ich habe aber nie etwas Ähnliches gesehn, und ein solcher
Schmuck mochte vielleicht nur für den Augenblick in Bezug
auf die Opferfeier angebracht sein.
Nach .einem ■ Marsche . von. 8 ■ Stunden erreichten wir die
erste Hüttengruppe des nördlichen Molgheu, wo unsere Absicht
war für die Nacht , zu bleiben. Wir betraten; es mit
Zagen, da Billama’s Gewissen nicht rein war. Er konnte
sich keinen guten Empfang versprechen, und die unglücklichen
Bewohner, durch die.jüngsten Erpressungen der schonungslosen
Kanöri in einen Zustand äüsserster Verzweiflung
getrieben, weigerten sich wirklich hartnäckig, uns aufzunehmen.
(Es fiel mir hier besonders der Unterschied auf zwischen
den Bewohnern dieser Ortschaft, welche dem steten Einfluss
und den fortwährenden Erpressungen der Kanöri ausgesetzt
ist, und denjenigen der südlichen, die sich mehr einer
gewissen .Unabhängigkeit, erfreut haben: hier lauter schöne
nackte Gestalten mit offenen Zügen, — dort nur in schmutzige,
zerlumpte Hemden gekleidete runzelige und niedergebeugte
Männer. An Höhe des Wuchses gehen die Bewohner
des nördlichen Molgheu allerdings denen des südlichen ge-
wiss‘ nichts nach, sondern scheinen ihnen eher noch den Vorrang
abzulaufen.) Auf das Entschiedenste abgewiesen, blieb
uns nichts übrig, als unseren Marsch fortzusetzen und den
Versuch zu machen, Yerimari zu erreichen; aber die Anstrengung
war zu gross für mich und hatte für den gänzlich
geschwächten Zustand meiner Gesundheit die schlimmsten
Folgen. Mein Pferd war dabei so abgemattet, dass es fortwährend
angetriehen werden musste, während ich mich, um
meine Kraft nur irgend aufrecht zu erhalten, in Ermangelung
soliderer Kost auf einen reichlichen Genuss von Waldfrüchten
angewiesen sah, besonders auf die kleine dunkelblaue
Pflaume — „birgim” — und die angenehm sauere Waldkirsche
— „tsäda” — ; eine solche Nahrung aber konnte mir
bei meinem fieberhaften Zustande natürlich nicht sehr zuträglich
sein. Ich war denn auch, als ich nach dreizehnstündigem
Marsche endlich das bekannte kleine Dorf erreichte,
so vollkommen erschöpft, dass ich mich sogleich
flach auf das Rohrbett in meiner Hütte niederwarf. Es war
überaus günstig, dass hier bereits ein lustiges Feuer brannte.
Bei unserer früheren Anwesenheit an diesem Orte hatten
wir eine Menge Regen gehabt und so sollte es uns auch
diesmal ergehn; denn kaum war mein Kameel mit meinen
Leuten vor der Hütte angelangt, als das Gewitter, welches