Tessaua war der erste grössere Platz des eigentlichen Negerlandes,
den ich gesehn, und er hatte hei mir einen sehr
heitern Eindruck hinterlassen. Überall waren mir die unverkennbarsten
Beweise der behaglichen, freundlichen Lebensweise
der Eingeborenen vor die Augen getreten. Mit allen
ihren Bedürfnissen breiten sie sich behaglich aus: der Hofraum,
von einem Zaun aus hohen Bohrmatten, „deme-n-säna ,
umgehen, schliesst in gewissem Grade das Auge des Vorübergehenden
aus, ohne doch dem Inneren unbedingte Abgeschlossenheit
zu leihen; nahe dem Eingang der kühle, schattige
Platz unter der „rünfä”, zur öffentlichen Verhandlung der
Geschäfte des häuslichen Lebens und zum Empfange von
Fremden bestimmt; endlich die Hütte, theilweis nur aus
Rohr — „gldan kära” — aufs Beste geflochten, theilweis in
dem oberen zugespitzten Theil aus Rohr, in den unteren Thei-
len aus Lehm — „bängo” — gebaut, aber, aus welchem Material
immer auch errichtet, stets warm und wohl abgeschlossen,
zur Vertraulichkeit des Lehens geeignet — die ganze Wohnung
von weitspannenden Bäumen beschattet und durch eine
Menge Kinder, Ziegen, Hühner, Tauben in gemiithlicher Unordnung
belebt, während da, wo etwas Wohlstand erworben
ist, ein Pferd oder ein Packochse zu der lebendigen Staffage
der Wohnstätte hinzukommt.
Mit diesem behaglichen Charakter der Wohnungen ist
derjenige der Bevölkerung selbst in vollständiger Übereinstimmung:
ein heiteres Temperament, welches das Leben
freudig geniesst, eine sanfte Zuneigung zum weiblichen Geschlecht
und Lust zu Gesang und Tanz, aber Alles ohne widerlichen
Excess. Gewiss findet hier Jedermann sein grösstes
Glück in einer hübschen Genossin, und sobald er einen kleinen
Verdienst gehabt hat, fügt er seiner älteren eine jüngere
Lebensgefährtin hinzu oder gibt auch der früheren einen
Scheidebrief; nur die Reichsten haben mehr als 2 Frauen
zur Zeit und der grösste Theil der Bevölkerung eine einzige.
Da viele der Einwohner Heiden sind, so ist das Trinken berauschender
Getränke im Allgemeinen nicht so streng verpönt,
aber dennoch kommt Trunkenheit so gut wie nie vor. Diejenigen,
welche nicht zum Isslam übergetreten sind, gemessen
ihre aus Sorgho bereitete „gia” nur in dem Maasse, als
dieselbe sie erheitert und die Freuden des Lebens mit leichterem
Herzen gemessen lässt. So war zur Zeit in Tessaua
ein Jude Namens Müssa, der äusserlich zum Isslam übergetreten
war, aber dennoch heimlich sich dem Genüsse verbotenen
Getränkes hingab, das er aus Datteln und Tamarindenfrüchten
bereitete.
Die Kleidung der Eingeborenen ist höchst einfach. Ein
weites Hemd, meistens von dunkler Farbe, und Beinkleider,
die jedoch, sobald ein längerer Marsch zu unternehmen ist,
ausgezogen werden und als Schnappsack dienen, genügen für
den Mann, während der Kopf gewöhnlich mit einer leichten,
ziemlich weiten Kappe aus Baumwollenzeug bedeckt ist, die,
nachlässig aufgesetzt, allerlei Gestalten bildet. Andere, besonders
Handelsleute und Mállems, tragen die schon erwähnte
kleine, eng anschliessende, grüne Tuchkappe, die ihrer beiden
Ohrlappen wegen „Löwenmaul” — „baki-n-säki” — genannt
wird. Nur die Wohlhabenderen können sich eine „sénne”
zulegen, ein höchst anständiges Gewandstück, ganz dem „plaid”
der Schottischen Hochländer entsprechend, von 9 — 10 Fuss
Länge und etwa 3 Fuss Breite, das entweder nachlässig über die
Schulter geworfen, oder bei kaltem Wetter um die Brust zusammengezogen
wird und aus dickerem verschieden gestreiften
Stoffe besteht. Die Füsse werden wo möglich mit hübschen
Sandalen geschmückt. . Weiteren Schmuck gibt es nicht,
ausser einigen kleinen rothen Ledertäschchen, die meist an
einer Schnur am Halse hängen, einem Armmesser und einigen
kleinen Instrumenten, obgleich die Kel-owi es ihnen hierin zu-
vorthun. Die Frauen sind leidlich hübsch und haben, so
lange sie jung sind, einnehmende regelmässige Züge, aber