Sklaven mit offenem Munde angestaunt, als ich sie nach dem
Scheich fragte; sie verstanden nicht, was ich wollte. Endlich
jedoch ward Diggama gerufen, der der Minister des königlichen
Haushaltes genannt' werden kann und besonders
auch die Verpflegung der Fremden unter sich hat. Dieser
hatte denn von ,,'Abd el Kerim” gehört und gab mir einen
Sklaven mit, um mich zum Vezier zu führen.
iMWrHngK hatte ich gehört, dass der Scheich seihst ausserhalb
der eigentlichen Stadt wohne, aber wie wir durch
die belebten Strassen der Weststadt dahinzogen, dann auf den
freien, aber auch dichtbewohnten und vom lebendigsten Menschenverkehr
wimmelnden Platz hinaustraten und nun wieder
in die östliche, gleichfalls ummauerte Stadt kamen mit ihren
grossartigeren, in ihrer Art recht stattlichen Gebäuden, war
ich nicht wenig überrascht. Dazu die grosse Anzahl prächtig
gekleideter Beiter, die hin und her an mir vorüberwogten
— in der That, das Leben zeigte sich hier unendlich
grossartiger,- als ich es mir gedacht hatte.
Aber ich hätte auch keinen günstigeren Augenblick zu meiner
Ankunft wählen können, nicht allein um die Stadt in
ihrem vollen Leben zu sehn, sondern auch um einem herzlichen,
lebensvollen Empfange entgegenzugehn. Der Vezier
wollte eben zu seiner täglichen Nachmittagsaudienz zum Scheich
reiten; sein schönes, stattliches Kriegsross stand gesattelt vor
der Thüre seines Palastes und etwa 100 Beiter, Araber und
Sklaven mit Flinten, freie Eingeborene mit Speer und Lanze,
im buntesten Kleiderschmuck waren umher gruppirt, um ihn
zu begleiten. Ich wartete nur einen Augenblick, da kam
Hadj Beschir heraus — so hiess der Vezier — , eine grosse,
kräftige Gestalt mit offenen, wohlwollend und lebenslustig
lächelnden Zügen, denen nur die hellschwarze Farbe und die
Einschnitte einen fremdartigen Charakter gaben. Seine Kleidung
war ein eigenthümliches, höchst passendes Gemisch einheimischer
und Arabischer Tracht, wie sie hier zu Lande bei
den Vornehmen üblich ist, wo die so wohlanstehende einheimische
Tobe und der fremde Bemus einen sehr harmonischen
Verein bilden. Die Beiter drängten auf allen Seiten heran,
ohne von mir Notiz zu nehmen, aber mit dem freundlichsten
Lächeln begrüsste mich der Vezier, indem er mir sagte, obgleich
er mich nie gesehn, kenne er mich doch schon aus
dem Briefe, den ä ich an seinen Agenten in Sinder gerichtet
und der ihm zu Händen gekommen sei; dann fragte er, wo
denn aber meine Begleiter wären. Gross war sein Erstaunen
und Frohlocken, als er hörte,, dass ich ganz allein gekommen
sei und selbst meine beiden einzigen Diener zurückgelassen
habe. Er sagte mir nun, er wolle sogleich meine Ankunft
dem Scheich anzeigen, der die Nachricht mit grösster
Freude aufnehmen würde. So ritt er davon mit seinem Trosse.
Wohlgemuth und voll Vertrauen folgte ich dem Führer,
den er mir mitgegeben, um mich in das für uns bestimmte
Quartier zu bringen. Ich wusste, dass ich es mit einem biederen,
offenen Manne zu thun hatte, und schöpfte wieder Athem
in der bedrängten Lage, in der ich mich befand. Mein Quartier
stiess unmittelbar an das Haus des Veziers und bestand
aus zwei ungeheueren Hofräumen, deren hinterer ausser einem
halbvollendeten Lehmgebäude eine sehr geräumige, nett und
sorgfältig gebaute Hütte einschloss. Diese Wohnung war, wie
man mir sagte, ganz besonders für unsere Beisegesellschaft
eingerichtet worden, ehe man gewusst, dass unsere Mittel
höchst beschränkt seien, indem man nach dem Vorgänge der
früheren Expedition erwartete, dass wir wohl mit harten
Thalem ausgerüstet kämen.
Kaum hatte ich mein Quartier in Besitz genommen, als
ich eine Menge Besuche von dem verschiedenen Personal der
Mission erhielt und so auf’s Schnellste und Lebendigste belehrt
wurde, wie wenig beneidenswerth meine Lage als überlebendes
Mitglied derselben sei. Die erste Person, welche zu
mir kam, war Ibrahim, der Zimmermann, der auf Ansuchen
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