mit ihrem graziösen Gang, — der kann nicht leugnen, dass
die Marghi ein überlegener Menschenschlag sind. Abbega,
der von mir mit nach Europa gebrachte befreite Marghi,
obgleich ein recht schöner Mann, kann nicht einmal als vollständiger
Typus eines freien Marghi gelten, da er, aus Mol-
gheu stammend, schon früh durch den Einfluss der benachbarten
Kanöri viel von seinem freien Wesen eingebüsst hat.
Es kann wohl kein Zweifel sein, dass dieser Stamm, so gut
wie die nahe verwandten Batta, mit der Süd-Afrikanischen
Völkerfamilie in viel näherem Zusammenhänge steht, als mit
den umwohnenden Stämmen Mittel-Sudans; auch er hat jene
eigenthümliche religiöse Verehrung der Vorfahren.
Am Abend hatten wir gute Kost in Fülle; denn der Bor-
nauische Titularamtmann der Ortschaft schickte mir aus^
ser Korn für meine Pferde —i das heisst Hirse, denn hier
isst Alles Hirse, wie in Fesän Datteln — ein Schaaf, und
meine Wirthe bereiteten für mich selbst ein Huhn und
für meine Leute mehrere Schüsseln Hirsenbrei mit Fischsauce
zu.
Der Abend war klar, die Landschaft vom glänzenden Mondschein
beleuchtet, und ich konnte es, obgleich der schwache
Zustand meiner Gesundheit mehr Schonung verlangt hätte,
nicht unterlassen, lange draussen zu sitzen, um den Schall
von Musik und Tanz, der von der gegenüberliegenden Seite
des Dorfes herkam, zu gemessen. Mein junger Marghl-Freund
setzte sich zu mir, und ich war nicht wenig erstaunt, als ich
ihn befragte, warum er nicht an der Belustigung Theil nähme,
von ihm zu hören, dass es nicht eine gewöhnliche Lustbarkeit
sei, sondern ein religiöser Tanz, um den Tod eines bejahrten
Mannes zu feiern; ich erfuhr bei dieser Gelegenheit
von ihm, dass, wenn Jemand in hohem Alter stirbt, sein Tod
Zufriedenheit und Freudigkeit verursacht, während das Hinscheiden
einer Person in der Blüthe der Jahre mit Thrä-
nen und Klagen bejammert wird. Einige andere besondere
Sitten der Marghi habe ich schon früher beschrieben; über
andere vermag ich wegen meines zu kurzen Aufenthaltes nichts
zu berichten; ihr eigenthümliches, Gottesgericht aber, dasauf
dem heiligen Granitfelsen von Köbschi stattfindet, muss ich
etwas näher berühren. Es ist nämlich bei ihnen Sitte, dass,
wenn zwei Personen mit einander in Streit liegen, sich beide
nach jenem Felsen begeben, jeder mit einem Hahne, den er
für den kampflustigsten hält. An der heiligen Stätte angelangt,
hetzen dann die Gegner ihre beiden Hähne zum
Kampf auf einander, und wessen Thier die Oberhand gewinnt,
der ist auch der Sieger. Aber nicht allein dies, sondern
der erzürnte Gott soll auch den besiegten Gegner strafen,
und es soll stets der Fall sein, dass der Besiegte bei der
Rückkehr zum Dorfe seine Hütte in Brand findet. — Ausser-
dem will ich nur noch bemerken, dass sich die Marghi nicht
beschneiden, dass sie aber, was überaus merkwürdig ist,
die Einimpfung der Pocken sehr allgemein zu üben scheinen.
—
Während ich draussen vor meinem Gehöfte sass, sammelte
sich allmählich'eine grosse Zahl Eingeborener um mich,- —
Alle in vergnüglicher, neugieriger Laune. Endlich nahm
mich ein junger Mann bei Seite und bat mich dringend, ihm
ein Heilmittel gegen die Abneigung der Leute zu geben; ich
erpresste jedoch bald das Bekenntniss von ihm, dass er nur
ein Mädchen im Sinne hätte, welche, wie er mir sagte, seine
hohe, gerade Stirn nicht leiden könne, und dass er in Verzweiflung
sei und keinen anderen Wunsch hege, als in der
Schlacht umzukommen. Es war ein gut gewachsener Bursche,
obgleich keineswegs von so schönen vollen Formen, wie
Andere seiner Landsleute; aber seine Stirn war auffallend
flach und eckig und hatte auch nicht die leiseste Spur von
der allmählich sich rückwärts biegenden Negerstirn; vielleicht
war auch sein. Betragen hochmüthig und dem von ihm
geliebten Mädchen nicht angenehm. Jedenfalls sieht man schon