wahre Schande für den verstorbenen wohlbekannten Sultan
Bello von Sokoto ist, nicht um das Geringste vorwärts. Er
verlangte nicht weniger als 100,000 KurdI von mir, eine
für Europäische Verhältnisse allerdings ganz mässige Summe
.-r- 40 Spanische Thaler — , welche aber aus meinen nach
Kanö vorausgesandten erbärmlichen Waaren zu erschwingen
mir unmöglich war, nachdem ich dem Gouverneur jener Stadt
ein .seiner Würde entsprechendes Geschenk gemacht und
auch meine Schulden bezahlt haben würde. Auch muss
man bedenken, dass von meinen Waaren schon bei ihrem
Durchzug ein entsprechender Zoll erhoben worden war. Bello
erniedrigte sich, seine Forderung durch seine unangespro-
chene noble Gastfreundschaftlichkeit zu begründen, und zählte
auf, dass er mir zwei Widder, zwei Gefässe voll Honig und
zwei Lasten Korn, also zusammen von 11- bis 12,000 KurdI an
Werth, gegeben habe, so dass ich mich ganz berechtigt fühlte,
seinen schönen Titel „Sultt-än ben Sultt-än” in denjenigen
eines „dell-äl ben dell-äl” — „Mäkler, Sohn eines Mäklers” —
zu verwandeln. Selbst mein alter Freund El .Wächschi nahm
die sich bei dieser neuen Schwierigkeit bietende Gelegenheit
wahr, um seinen Gefühlen als Kaufmann Worte zu geben.
Er erklärte nämlich mit einiger Bitterkeit, dass dies die
„dauä” — „der Fluch” — unseres (der Engländer) Bestrebens
gegen den Sklavenhandel sei. Schon in Tin-teggana, wo ich
seine Bekanntschaft zuerst machte, versuchte er, ungeachtet
seines sonst geraden Charakters, uns in Misskredit zu bringen
und unserer Bemühungen wegen zu verleumden. Es muss
übrigens zugestanden werden, dass die Kauf leute in Ghadämes
ungeheuere Verluste durch die Abschaffung des Sklavenhandels
in Tunis erlitten haben, ohne dass ihnen dafür durch
Erweiterung oder Sicherung des legitimen Handels irgend ein
Ersatz gegeben worden wäre. Da sie nun den Sklavenhandel
in Nüpe oder Nyffi ruhig fortbetrieben sehn und die Überzeugung
haben, die Engländer könnten ihn auch da vernichten,
wenn sie nur wollten, zumal in Nyffi dieser Handel nicht von
Mohammedanern, sondern von Christen — gleichviel von welcher
Nation — betrieben wird: so haben sie einigen scheinbaren
Grund, gegen die Engländer aufgebracht zu sein. Über
diesen Sklavenhandel in Nyffi, der in Central-Afrika einen
sehr ungünstigen Begriff von der Unzulänglichkeit der Bestrer
bungen der Engländer geweckt hat, da sie doch Herren der
See seien, werde ich später Gelegenheit haben ausführlicher
zu sprechen.
Ich hatte heute auch eine sehr interessante, obwohl ernste,
doch auch andererseits amüsante Verhandlung mit meinem alten
fanatischen Freunde Bel-Rhet. Es scheint, dass er, nachdem
ich dagegen protestirt, dass er mich „käfer” nenne, mit Leuten
seines eigenen Glaubens sich über diese Angelegenheit ernsthaft
besprochen hatte. Er kam also heute auf diesen Punkt
zurück und begann damit, mich nach den verschiedenen Nationen
zu fragen, welche dem Christenthum angehörten, und
welche unter ihnen denn nun die Kofär wären, denn er wäre
ganz gewiss, dass Einige unter ihnen verdienten, Kofär genannt
zu werden. Ich entgegnete ihm, dass es sehr auf die
Bedeutung ankäme, die er dem Worte „kofar” unterzulegen,
beliebe. Verstände er unter Käfer Jeden, der die Sendschaft
Mohammed’s als Propheten Gottes bezweifelte, so wäre natürlich
die grösste Anzahl der Christen Kofär; wenn er aber;
und zwar mit-mehr Recht, diejenigen so bezeichnete, welche die
Grundsätze des Isslam leugneten und zumal an dem Hauptprinzip,
der Einheit der Gottheit, zweifelten und anderen Gegenständen
dieselbe Verehrung neben ihm erweisen könnten, so wären
nur wenige Sekten der Christen Kofär, und zwar namentlich
die Griechische und der weniger aufgeklärte Theil der Katholischen
Kirche, selbst diese aber beteten zum Crucifix und
den Bildern viel mehr, als zu Symbolen, denn als Idolen.
Ich gestand ihm übrigens freiherzig zu, dass in Bezug auf
die Einheit des Schöpfers der Isslam ohne Zweifel bei weitem