Mädchen in jedem Lande, das sie auf ihrer langen Reise
passiren.
[Freitag, ¿5*“* Juni.\ Ich nahm aufrichtigen Abschied von
diesen guten Leuten; das arme Mädchen sah ganz bekümmert
aus, als ich mein Pferd bestieg und ihr Lebewohl sagte.
Unser Marsch führte uns zuerst durch Ackerland, wo ausschliesslich
Negerhirse —■ „gero” — gebaut ward, dann über
reiches, leicht bewaldetes Wiesenland. Die „FäHbe” genannte
Bergkette liessen wir stets in einiger Entfernung zur Seite.
Die Luft war sehr feucht und Regenwolken hingen auf den
Bergen. Weiterhin bestand der Boden ganz aus rothem Lehm
und war vom Regen so zerrissen, dass wir nicht geringe
Schwierigkeit und langen Aufenthalt hatten, um die Kameele
rund um die Spalten und Schluchten herumzuführen. Dichtes
Unterholz fing jetzt an, zeitweilig vorzuherrschen, und ein
Busch Namens „haubau”, der eine essbare Frucht trägt, fiel
mir hier zuerst in die Augen; auch fand ich ein Knollengewächs,
das ich nie zuvor beobachtet hatte. Der Karäge-
Baum wurde hier wieder sehr gewöhnlich und allmählich
nahm das ganze Land den Charakter einer ununterbrochenen
Wildniss mit stark gewellter und fast hügeliger Oberfläche
an. Hier Hessen wir ein Sklavendorf — „rümde” — zu
unserer Seite; es war zerstört und die Lehmwände waren
Alles, was davon gebheben war.
Jedoch nach 9 Uhr Morgens gewann die Landschaft ein
wohlgefälHgeres Ansehen und wir betraten hier Ackerland von
sehr weiter Ausdehnung, wo die Saat in reicher Fülle auf
den Feldern stand, während in höherer, das Land umher beherrschender
Lage, am Abhange der Höhen, die Ortschaft
Ssegero sichtbar wurde. Sie besteht aus zwei Dörfern, die
durch eine Schlucht oder Spalte, die das gelegentiiche Bett
eines Stromes bildet, getrennt werden. Wir kamen zuerst
zu dem nördlichen Dorf, das von eingeborenen Heiden
vom Stamme der Holma und von ärmeren Fulbe gemeinschaftiich
bewohnt wird; da es aber nicht der Herrenort ist,
Hessen wir es zur Seite,
während ich die Umrisse
des Berges Holma zeichnete,
der von hier die nebenstehende
Gestalt annahm.
So wandten wir uns dem südHchen Dorfe zu. Dasselbe
ist ausschHesslich von der herrschenden Rasse der Fulbe bewohnt
und hier residirt der Stadtherr — „lämido ; er
war aber zur Zeit abwesend und wir stiegen unter dem öf-
fentiichen Schattendach vor seinem Hause ab, bis eine geräumige
und bequeme MattenhaHe im inneren Hofe seiner
Wohnung zu meiner Verfügung gesteUt wurde. Leider sind
diese leichten, in der trockenen Jahreszeit ihrer Kühlung wegen
unschätzbaren Räume während der Regenzeit meist feucht,
da der einmal gefaUene Regen, der durch das leichte Rohrdach
eindringt, nicht schneH durch die Sonne wieder abgetrocknet
wird. So werden diese HaHen vielfach der Grund
von Krankheit.
Da es noch früh am Morgen war, machte ich mich sogleich
daran, meine Mussestunden zum eifrigen Erlernen des
Fulfülde (d. i. der Sprache der Fulbe). anzuwenden, dem ich
bisher nur gelegentlich Aufmerksamkeit zugewandt hatte;
denn ich überzeugte mich täglich mehr, dass die Kenntniss
dieser Sprache für meine Pläne unumgängHch nöthig sei.
Diese einfachen Leute nämlich, die niemals reisen, sondern ihr
Leben lang in diesen abgelegenen Ortschaften wohnen, mit
Ausnahme gelegentHcher Raubzüge gegen die einheimischen
heidnischen Stämme, kennen keine andere Sprache, als ihre
eigene, und ich fand in aHen diesen Dörfern keinen Menschen,
der auch nur ein Wort Haussa verstanden hätte. Das
geschriebene Arabisch verstehen Einige von ihnen ziemlich
gut, sind aber nicht im Stande, es zu sprechen.