ungestört auf dem Boden umher, um die Abfälle des vorigen
Tages aufzulesen. "Wir durchschnitten dann die schmale Landenge,
welche den weiten, grossen Sumpfteich Kanö’s, die Djä-
kara, in zwei Theile theilt, und betraten nun das Quartier der
herrschenden Rasse, der Fulhe oder Fellani. Während die
nördlichen Quartiere der Stadt durch das weite Umsichgreifen
der eindringenden Araber mit ihren abgeschlossenen flach-
dachigen Thonwohnungen viel von ihrer ursprünglichen Eigen-
thiimlichkeit verloren haben, gewährt der südliche Stadt-
theil, abgesehen von den grossen, doch auch mehr in einheimischer
Weise errichteten Palästen des Sserki und seiner
ersten Hofleute, ein Bild Afrikanischen Lebens in der reichsten
Fülle, indess die überall in den Gehöften der Dattelpalme
sich anschliessende Gonda mit ihrer schönen Federkrone
dem Ganzen ein überaus malerisches Gewand verleiht.
Zuerst wandten wir uns nach dem Hause des Gädö, des .
Finanzministers, der mich schon zu wiederholten Malen in
meiner Wohnung aufgesucht und sich als Unterhändler zwischen
mir und dem Sserki verdient gemacht hatte. Sein Haus
war ein interessantes Beispiel von den Wohnungen der Fulbe,
die, zu welchem Grade von Macht und Bildung sie sich auch
immer erhoben haben mögen, ihren ursprünglichen Charakter
als Rinderzüchter doch nicht ganz verleugnen. Der
Hofraum des Palastes des Gädö, obwohl recht in der Mitte
der Stadt gelegen, sah in der That mehr wie eine Meierei
aus und wäre auch nicht eben seiner Reinlichkeit wegen zu
rühmen. Nachdem wir mit Mühe ein kleines Plätzchen gefunden,
wo wir ohne Gefahr, unsere Kleider zu beschmutzen,
uns niedersetzen konnten, warteten wir geduldig, bis Se:
Excellenz die Geschenke, die ich dem Fürsten brachte, untersucht
und gebilligt hatte. Er gab seine Zufriedenheit damit
dadurch zu erkennen, dass er eine hübsche, grosse, reich
vergoldete Kumme, die ich mit vieler Gefahr glücklich durch
die Wüste gebracht, für sich selbst behielt. Dann liess er
sein Pferd satteln und begleitete uns nach der Fäda oder,
um mit den Fulbe zu reden, dem Lamorde, dem Palaste
des Sserki oder Lämido.
Der Palast ist ein vollkommenes Labyrinth von Hofräumen,
von einander getrennt durch geräumige, mit zwei einander
gegenüberliegenden Thüröffnungen versehene Lehmhütten, die
als Wartezimmer dienen und durch enge, gewundene Gänge
mit einander in Verbindung gesetzt sind. Hunderte von trägen
und anmassenden Höflingen, Freien und Sklaven, wohlgenährt
von der Arbeit der Armen und gekleidet in weite,
unkriegerische Gewänder, trieben sich hier umher oder hockten
in zahlreichen Gruppen zusammen, ihre reiche Müsse mit
fadem Geschwätz oder albernen Spässen verbringend. Jedoch
gewahrte man auch manches ausdrucksvolle, verständige Gesicht
und einige wenige kernige Gestalten. Die herrschenden
Fulbe zeichnen sich hier gern durch einen schwarzen Ge-
sichtsshawl aus, während sich sonst ihre Kleidung nur wenig
von derjenigen der Haussaua unterscheidet.
Wir wurden zuerst nach der Audienzhalle des Ghaladima
geführt. Dieser kommt fast täglich nach der Fäda, obgleich
er in einem besonderen Palast wohnt, um hier seine wichtige
und einflussreiche Rolle als erster Minister zu spielen. Er
ist übrigens intelligenter und auch etwas energischer als sein
lässiger Bruder, der die so reiche und herrliche Provinz von
Kanö, „den Garten des Sudans”, von dem wilden, gewissenlosen
Ibräm, dem Sklavenfürsten Sinders, und anderen kleinen,
jämmerlichen Häuptlingen durch räuberische Einfälle
ungestraft plündern und die betriebsamen, fleissigen Bewohner
ebenso ungestraft in die Sklaverei fortschleppen lässt.
Der Sserki und der Ghaladima sind die Söhne Däbo’s und der
Schekara, Diese Schekara, die noch am Leben ist, aus Daura
gebürtig, ist eine der berühmtesten Frauen Haussa’s, ausgezeichnet
durch die Trefflichkeit ihres Charakters und eine
ausgebildete edle Weiblichkeit. Ausser diesen, beiden hat
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