Der Grund, warum die Kornernte missrathen war, bestand
darin, dass der grösste Tkeil der Bewohner im letzten Jahre
während der Regenzeit an dem grossen Heereszug gegen den
Stamm der Lere Theil genommen hatte. So hemmt hier
der unruhige, noch nicht geordnete Zustand des Landes den
Anbau des Bodens in umfassender Weise. Ich muss auch
die Bemerkung hinzufügen, wie höchst eigenthümlich die verschiedene
Beschaffenheit des Bodens in benachbarten Landschaften
für verschiedene Arten Korn — ich gebrauche den
Ausdruck Kom in der weitesten Bedeutung — geeignet ist.
Denn während in Mbutüdi, wie ich erwähnte, Negerhirse
(Pennisetum typho'ideum) fast ausschliesslich gebaut wurde,
bildete hier in Ssegero „daua” oder „beiri” (Sorghum) und
zwar die rothe Art „beiri boderi” — den Hauptertrag. .
Es war unser weiser Grundsatz geworden, unsere Tagereisen
am Vormittag abzumachen, da die Gewitter mit ihren Regengüssen
gewöhnlich am Nachmittag losbrechen. Heute aber
wurde dieses selbstgemachte Gesetz übertreten. Allerdings
hatten wir am Morgen nur einen massigen Marsch gemacht,
aber dies war nicht der Grund, warum meine Gefährten vorwärts
strebten, da sie nicht, wie ich, von der Begierde getrieben
wurden, neue Gegenden zu Gesichte zu bekommen. Ihr
Beweggrund war ein sehr materieller. Auch sie nämlich hatten
keine besondere Lust, ganz von Erdmandeln zu leben,
und nach den hier gemachten Erfahrungen schien es kaum,
dass sie zum Abend etwas Anderes bekommen würden; sie
wollten sich daher lieber der Gefahr eines Gewitters aussetzen
und der Aufbruch ward am Nachmittag beschlossen.
Jedoch versäumten es die Weiseren aus unserer Gesellschaft
nicht, nicht allein die weite Brusttasche ihrer Tobe, sondern
auch die Futterbeutel der Pferde mit dem Reste der trockenen
Erdmandeln aus dem grossen Korbe zu füllen.
Die Äcker waren wohlbestellt, aber die Saat stand auf
dem ansteigenden Boden nicht höher, als etwa einen Fuss. Ich
bemerkte, dass die Erdmandeln zwischen dem Sorghum gebaut
werden; die regelmässigen Zwischenräume, welche man
zwischen den einzelnen Rohrbüscheln lassen muss, gewähren
dieser Erdfrucht hinreichenden Raum. Ganz so werden in
Börnu die Bohnen gebaut. Überdies waren die Äcker auf
das Anmuthigste beschattet und geschmückt mit dem Butterbaum
(Bassia P a rk n ), welcher wenigstens durch die
halbe Breite des Kontinentes, von hier bis zum Senegal, sich
hindurchzieht, aber auch wohl noch weiter östlich gefunden
werden wird, vielleicht nur in einem etwas südlicheren Gürtel.
Hier war dieser Baum, den die 1 ulbe in der Einheit
„ kärehi”, in der Mehrheit „karedji” nennen, durchaus vorherrschend
und er wird natürlich von den Eingeborenen hoch-
geschätzt. Man möchte glauben, dass ihn die Fulbe aus ihrer
westlichen Heimath mitgebracht hätten — so künstlich gepflegt
nimmt er sich hier auf den Äckern aus — ; aber wir haben ihn
in der Wildniss der MarghI in grösser Menge gefunden.
Überall waren die Leute mit Feldarbeit beschäftigt und es
machte mir nicht geringes VergAügen, zu bemerken, wie die
junge Frau eines auf seinem Acker die Arbeit der Sklaven
beaufsichtigenden Pullo im Schatten eines Baumes zur Seite
des Weges mit ihrem kleinen Sprössling in gemüthlicher Ruhe
sass. Das ganze Bild der Landschaft, eingeschlossen wie sie
war, von schön geformten Bergketten und von einzelnen Bergerhebungen
von ansehnlicher Höhe, besonders der schön gestalteten
Kuppe des Holma, machte einen höchst erfreulichen
Eindruck; alle Grasflächen waren mit einer Art violetter
Liliaceen geschmückt.
Während ich mit Genuss der Anmuth der Gegend und dem
Bilde menschlicher Thätigkeit nachhing, hatten wir den Fuss
des Berges Holma erreicht, hinter dem eine andere Bergerhebung
in Sicht trat, während wir zu unserer Linken ein
kleines Sklavendorf — „rümde” — Hessen. Dann betraten
wir eine Art von Engpass. Währenddess stieg ein Sturm
B a r th 's Reisen. II. 6 6