in diesen Ländern jeder Reisende verpflichtet und ich beförderte
auf meiner Rückreise nach Fesän im Sommer 1854 die
Briefe der ganzen fremden Kaufmannschaft in Kükaua. Da
aber die Überbringer der Briefe glaubten und es ihnen vielleicht
ausdrücklich weiss gemacht worden war, dass sie irgend
eine wichtige Depesche für mich gebracht hätten, so erwarteten
sie ein hübsches Geschenk von mir, und nur mit Schwierigkeit
konnte ich sie überzeugen, dass sie mir nur in anderer
Leute Interesse Unruhe machten. Da sie aber keinen Mund-
vorrath bei sich hatten, liess ich Mohammed eine Abendmahlzeit
für sie kochen, und nachdem sie durch ihre lärmende
Unterhaltung meine Nachtruhe gänzlich gestört hatten,
machten sie sich lange vor Tagesanbruch wieder auf den
Rückweg. Denn in dieser ganzen Landschaft, wo so viele
verschiedene Nationalitäten unmittelbar an einander grenzen,
herrscht die grösste Unsicherheit, und die Bewohner einer
Stadt können sich nicht gut in eine benachbarte Ortschaft
wagen, da sie fürchten müssen, als Sklaven verkauft oder wenigstens
des Wenigen, was sie bei sich haben, beraubt zu werden.
Wahrscheinlich war mein schmucker Lanzier, dessen männliches
Wesen, wie er so keck vor mir aufritt, sein Speer
am Fusse ruhend, mich gestern sehr erfreut hatte, zu der
Überzeugung gekommen, dass es für ihn besser sei, anstatt
sich in meiner Begleitung durch den beunruhigten Zustand
der Landschaft Gefahren auszusetzen, seinen Weg in Gesellschaft
mit jenen Leuten rückwärts zu nehmen; denn am nächsten
Morgen war er fort und keine Spur von ihm zu finden.
Vielleicht wünschte er auch, dem Feldzug gegen Chadedja
beizuwohnen, wo der Muthige sein Glück machen könnte,
während er von mir nur einige hundert Muscheln zu erwarten
hatte. Was immer der Grund seines Ausreissens gewesen
sein mag, er liess mich in einer etwas unangenehmen
Lage, da ich ein Land ohne Strassen, wo selbst so wichtige
Verbindungslinien, wie die von Kanö nach Kükaua, nur durch
schmale Pfade bezeichnet sind, die von Dorf zu Dorf, von
Stadt zu Stadt im Zickzack führen, in Eile zu durchziehen
wünschte und eines Führers nicht gut entbehren konnte.
In Bezug auf Sicherheit musste ich mich jedenfalls auf die
Vorsehung und meinen eigenen Muth verlassen; auch konnte
ich in dieser Hinsicht wenig Beistand von einem mir für ein
paar Tage zugesellten Eingeborenen erwarten.
Nachdem ich vergeblich den Mann gesucht, liess ich die
Iiameele beladen, bestieg mein Pferd und wandte mich nach
dem Hause des Amtmannes, Namens Issa-Jesus, welcher ein
Lehnsmann des Fürsten von Maschena ist. Von seinen Dienern
in Kenntniss gesetzt, kam er bald aus dem Inneren seiner
Wohnung heraus — eine hohe, imposante Figur —, und
da er fand, dass meine Klage gegründet war, indem mir
sein Oberherr den Reiter ausdrücklich mitgegeben, um mich
bis Bündi zu geleiten, versprach er mir, dass er einen anderen
Führer schaffen wolle. Da dies aber einigen Aufenthalt
verursachen musste, befahl er einem seiner Diener, mich zur
Stadt hinauszuführen, um da zu warten, wo meine Kameele,
die gestern Abend ohne Futter geblieben waren, Weide finden
würden. Hoch erfreut, einen gerechten und einsichtsvollen
Mann gefunden zu haben, dankte ich ihm für seine Freundlichkeit
und folgte seinem Diener, der mich einige hundert
Schritte vor die Stadt hinausbrachte, wo ausgezeichnete Weide
für die Thiere war, nämlich der von den Kameelen so geliebte
„aghül” (Hedysarum, Alhaggi), der auf einzelne Flecke
beschränkt, sich fast über den ganzen Sudan zu verbreiten
scheint; denn selbst im Müssgu-Lande fanden wir ihn. Während
wir hier auf den Führer warteten, verkürzte mir mein
Gefährte, der ein geselliger Mensch war, die Zeit mit seiner
belehrenden Unterhaltung in sehr angenehmer Weise.
So hatte ich am Hause des Amtmannes ein gewaltiges, in
ein Fell sorgsam eingewickeltes Packet auf hoher Stange
aufgehängt gesehn und mir gedacht, es enthalte den Kör-
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