So brachte ich den Tag recht angenehm zu, und obgleich
ich weder fähig war, die Schmerzen zu lindern, welche mein
Wirth von einer Pfeilwunde an einem seiner Augen zu erdulden
hatte, noch ihm eine Zauberformel geben konnte oder
wollte, um den Tod seines Viehes zu verhüten, war ich doch
so glücklich, eine glänzende Kur mit einem seiner Söhne
vorzunehmen, die mir hier einen grossen Namen verschaffte.
Der Knahe hatte sich nämlich, ganz wie es auch bei uns die
Buben zu thun pflegen, mit seinen Kameraden mit Sand
geworfen und eine Menge kleiner Steine waren ihm durch
die Ohren bis tief in’s Innere des Kopfes gedrungen und
verursachten ihm viel Leiden. Ich war nun so glücklich,
diese Steine mit Hilfe einer kleinen Spritze und warmen
Wassers herauszubringen und den Knaben wieder seinem
früheren Frohsinn zurückzugeben. Die Ruhe, die ich hier
in meiner kühlen, luftigen Schattenhafle genoss, war übrigens
meinem Befinden überaus zuträglich und idb''.füklte mich in
Folge dessen fast frei von Fieber. Auch hatte .ich hier Gelegenheit,
manche interessante Belehrung zu erhalten.
[Sonntag, 29sten Juni.\ Als wir am Morgen Ssulleri ver-
liessen, nahmen wir einen von dem auf unserer Hinreise
verfolgten verschiedenen Weg, der ungleich grösseres Interesse
hatte; zuerst aber war der Charakter des Landes einförmig.
Wir liessen in nicht grösser Entfernung von Ssulleri ein
kleines Landbaudorf zur Seite, wo gerade alle Sklaven bei
der Feldarbeit waren, während der freie Besitzer, durch seine
schneeweisse Tobe ausgezeichnet, die Aufsicht führte; dann
hatten wir eine sehr ausgedehnte Waldung zu passiren.
Der Marsch wurde mir sehr beschwerlich und ich fühlte
mich so kraftlos, dass ich mich nicht mehr im Sattel halten
konnte, sondern mich wiederholt flach auf den Boden niederlegen
musste *). Gegen Mittag belebte sich endlich die Land-
*) Dies ist der Grund, dass dieser Theil de^ Weges mit weniger Genauigkeit
auf der Karte niedergelegt werden konnte.
schaft wieder und wir passirten mehrere Dörfer. Es waren dies
insgesammt Sklavenansiedelungen — „rumde” , aus kleinen,
unansehnlichen Hütten bestehend, mit Ausnahme eines einzigen
Weilers, der eine niedliche Herrenwohnung enthielt.
Auch sie bestand aus dem leichten Material, wie es hier
üblich ist, bot aber doch in ihrer ganzen Anordnung und mit
ihrer geräumigen, aus frischem Rohr sorgfältig geflochtenen
Haupthütte, den umher sich gruppirenden Nebengebäuden
und der sauberen Einzäunung eine ganz andere Erscheinung
dar.
Weiterhin änderte sich plötzlich der Charakter des Landes
und wir erreichten eine weite Einsenkung, die auf dieser
Seite einen Abfall von 100 bis 120 Fuss bildete, und sich auf
unserer Linken hinwindend ein schönes, mit frischem Grase
bekleidetes Thal darbot, das einen höchst eigenthümlichen
Anblick gewährte.
Dieser Riss bildete die natürliche Grenze einer vollkommen
verschiedenen Gegend, einer rauhen Hügellandschaft voll
aufspringender Höhen. Ganz nahe am jenseitigen Rande
war dieser Einschnitt
von einer vereinzelten
malerischen Kuppe begrenzt*),
die mit steilen
Wänden aufstieg und
auf der Ostseite eine
bewaldete Terrasse bildete,
während die Westseite dem Auge eine nackte, regelmässig
geschichtete Felswand zeigte; auf dieser Seite lehnte
sich an die Felskuppe nach geringem Zwischenraum eine
niedrige Kette oder Schwellung an und umgürtete die Einsenkung
rings um.
*) In dem Holzschnitt habe ich nur die Umrisse der Kuppe selbst darstellen
wollen, ohne liücksicht auf den Vordergrund, der nur zur Ausfüllung des
Bildes hinzugefügt ist.