überdies sein Nebenbuhler war. Sonach hing Alles davon
ab, wie Hadj Beschir sich benehmen, wie er den hohen Platz
einnehmen und behaupten würde, der ihm als erstem oder
vielmehr einzigem Minister des Königreichs geworden war.
Ohne Zweifel' hätte es seine Politik sein müssen, sich die bedeutenderen
Kükanaüa oder Höflinge zu befreunden, um mit
ihrer Hilfe dem Einfluss rAbd e’ Rahmän’s so gut wie möglich
zu widerstehen, und es wäre weise gewesen, den Letzteren
in ehrfurchtsvoller Entfernung zu halten. In dieser Beziehung
aber scheint der Yezier bedeutende Fehler begangen
zu haben; denn seine Habsucht machte ihn gegen seinen
grössten Vortheil blind. Habsüchtig war er sicherlich, erst aus
Liebe zum Besitz und dann, um seinen luxuriösen Neigungen
nachhängen zu können. Denn er gehörte allerdings in die Kategorie
derjenigen, welche auf Kanöri „kamüma” genannt werden,
das heisst, er war vom weiblichen Geschlecht sehr eingenommen
und hielt einen Harem von 3- bis 400 Sklavinnen.
Um aber meinen Freund, dessen Andenken ich mit
dankbarer Erinnerung bewahre, einigermassen zu entschuldigen,
muss ich sagen, dass er bei dem Ansammeln so vieler
Gefährtinnen zur Unterhaltung seiner Mussestunden einem
gewissen wissenschaftlichen Prinzipe folgte. Ja, ein leichtgläubiger
Mensch durfte wohl denken, dass er nur aus wissenschaftlichen
Gründen eine Art ethnologischen Museums,
natürlich von ganz besonders interessanter Art, zusammengestellt
habe, um nicht so leicht die bezeichnenden Züge eines
jeden Stammes zu vergessen. Ich habe oft gesehn, dass er,
wenn ich mit ihm über die verschiedenen Stämme des Negerlandes
sprach, von der Neuheit eines Namens betroffen
wurde und bedauerte, dass er in seinem Harem noch kein
Exemplar der Art habe, auch sogleich seinen Dienern den
Befehl gab, ein solches in möglichster Vollkommenheit zu beschaffen.
Auch erinnere ich mich, dass er mir, als ich ihm
eines Tages ein ethnologisches illustrirtes Werk zeigte, an
welchem er sichtliches Interesse nahm, und zu dem wunderschönen
Bilde einer Cirkassierin kam, mit einem Ausdruck
unzweideutiger Genugthuung sagte, dass er ein lebendes Exemplar
dieser Art besitze. Die Gesetze der Mohammedanischen
Etiquette vergessend, war ich unbedachtsam genug, ihn zu
fragen, ob die Schönheit seiner Cirkassierin diesem Bilde entspräche,
worauf er mir mit einem Lächeln antwortete, das
meine unbedachte Frage zugleich bestrafen und verzeihen
sollte. Auch muss ich sagen, dass er, obwohl er eine so grosse
Menge und eine so grosse Verschiedenheit von Frauen hatte,
welche seine Aufmerksamkeit theilten, doch für Jede ein herzliches
Interesse zu haben schien. Wenigstens erinnere ich
mich, dass er Eine derselben, die im Winter 1851 starb, aufs
Innigste betrauerte. Der arme Hadj Beschir hinterliess, als
er im letzten Monate 1853 auf gewaltsame Weise von einem
fröhlichen Leben zur Ewigkeit befördert wurde, 73 Söhne
am Leben, die lebenden Töchter und die grosse Anzahl von
Kindern, welche in solchem Haushalte sterben mögen, nicht
eingerechnet. In ihrer Vorliebe für das weibliche Geschlecht
sind sich die Fürsten des Negerlandes insgesammt gleich und
es ist daher stets die erste Frage, die sie an einen neuen Ankömmling
aus fernem Lande richten, was für stärkende Essenzen
er mitgebracht habe. Es liesse sich in dieser Beziehung
manche pikante Geschichte auftischen.
Kehren wir jedoch zu dem Vezier von Bornu zurück. Ich
habe gesagt, dass er es vernachlässigte, die Mächtigeren unter
den Höflingen sich zu Anhängern zu machen, um mit ihrer
Hilfe den nebenbuhlerischen Bruder des Scheich 'Omar in
einiger Entfernung zu halten. Ja, er entfremdete sich dieselben
sogar, indem er mitunter von seiner grossen, fast unbeschränkten
Gewalt Gebrauch machte und sie zwang, ihm eine
hübsche Sklavin oder ein schönes Pferd zu überlassen. Wäre
er ein Mann von grossem persönlichen Muthe und von besonderer
Energie gewesen, so hätte er sich alle Umstände