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^ I. Kapitel.
Annür’s Leuten Lei sich hatte. Ausser dem Dar-Förer Ibrahim,
einem gewandten, aber unzuverlässigen Freigelassenen,
und dem nützlichen, schlangenhaften büsu Amänkei, der jetzt
vom Guinea-Wurm geheilt war, begleitete ihn nur ein Tebu,
der in Asben lange ansässig gewesen und den er für die Zeit
dieses Ausflugs gemiethet hatte. Overweg hatte damals noch
die feste Absicht, seinen Weg nach Kükaua über Kann zu
nehmen,- und bat mich, sein Gepäck dort zu lassen. Zu jener
Zeit erfreute sich Herr Dr. Overweg eines ungeschwächten
Wohlseins, hielt aber leider mit seiner Kraft nicht Haus und
muthete sich zu, wo es nicht nöthig war, zu Fuss zu gehn.
Er war voll Begeisterung, sich dem Studium der neuen Welt,
welche sich vor uns aufthat, zu widmen. Wir trennten uns
mit dem herzlichsten Wunsche für vollständigsten Erfolg des
Unternehmens des Anderen in den verschiedenen Länderstrichen,
ehe wir wieder in Kükaua zusammenträfen; denn wir
wussten damals nicht, dass wir noch in Tessaua eine Zusammenkunft
haben sollten.
Ich setzte also nun meine Reise allein fort, war indess nicht
sehr betrübt darüber, da ich von Jugend an gewöhnt gewesen,
allein unter fremden Leuten zu wandern, und begann
mich um so enger an meinen schwarzen Freund Gadjere an-
zuschliessen. Er war sehr mittheilend, aber mitunter etwas
zu roh, und häufig konnte er es nicht unterlassen, den Fremden,
welcher Alles zu wissen wünschte und dabei seinen Propheten
Mohammed nicht in all seinem prophetischen Glanze
anerkennen wollte, vor seinen Kameraden zu verspotten. Aber
doch Alles mit Gutmüthigkeit. Gadjere machte mich, während
wir an den beiden Dörfern Bagängare und Tangünda*)
vorbeizogen, auf mehrere neue Arten Bäume aufmerksam;
*) Es scheint wohl, dass dieser Name mit dem des Göndabanmes Zusam-
menhang hat; die erste Sylbe scheint dem „Tan” in dem Namen „Täne-ssöf”
zu entsprechen.
Die Dörfer BagängarTs und Tangönda.
es waren der Bauschi, die Karämmia und die Gönda. Der
letztere Baum, der in den nördlicheren Distrikten des Negerlandes
sehr selten, dagegen in dem Landstriph zwischen Kät-
sena und Nyffi, sowie im südlichen Quartiere von Kanö und
von hier und Güdjeba südlich bis zum Benue gewöhnlich
ist, ist nichts Anderes als die Carica Papaya. Damals aber
kannte ich noch nicht aus eigener Erfahrung die so schmackhafte
Frucht der Gönda, da ich diese erst in Kätsena kennen
lernte. Die Landschaft hatte einen höchst interessanten
und heiteren Charakter; Dörfer und Kornfelder lösten einander
ab und waren nur auf kurze Strecken von dichtem
Unterholz unterbrochen, was nur dazu beitrug, dem Ganzen
eine grössere Abwechselung zu verleihen. Der Boden war leicht
gewellt, und manchmal konnte man ihn sogar hügelig nennen.
Wir begegneten einer zahlreichen Heerde schönen Rindviehs,
welche den Bewohnern von Gosenäkko gehörte. Die
Thiere waren getränkt worden und kehrten eben zur Weide zurück
, die Bullen hatten alle den prächtigen Buckel und einen
starken Gliederbau, waren aber nur mittlerer Grösse und hatten
kleine Hörner. Kaum war diese lebendige Staffage der
Landschaft vorübergezogen, als sich unserem Blick eine andere
interessante und charakteristische Scene darbot. Ein langer
Zug Männer, deren Jeder einen grossen, mit Früchten gefüllten
Korb auf dem Kopfe trug, zog an uns vorbei. Es
waren die Früchte der „göreba”, wie die Haussa-Leute sie
nennen (Cucifera oder Hyphaene Thebaica) , welche in
vielen Landschaften Sudans ein höchst wichtiges Nahrungsmittel
gewährt und viele Gerichte wirklich auf angenehme
Weise würzt, wie ich im ferneren Verlauf meiner Reise zu
erwähnen Gelegenheit haben werde. Weiterhin wurden die
Stoppelfelder von weidenden Rindern belebt, während eine
neue Art Baum, „kirria” in der Haussa-Sprache genannt,
meine Aufmerksamkeit auf sich zog.
So erreichten wir Gosenäkko, und während meine beiden