verflossenen schlaflosen Nacht ein wenig angegriffen und ermattet
fühlte, war ich schon abgestiegen, in der Hoffnung, dass
wir die heissen Tagesstunden hier zubringen würden; aber
die übermüthigen Bomu - Leute schienen nichts für uns hier
zurückgelassen zu haben, und nach einer kurzen Unterhaltung
Billama’s mit einem einzelnen Bewohner, der sich sehn liess,
erklärte mir Ersterer, dass wir in einem anderen, aber auch
zu Molgheu gehörigen Dorfe Nachtquartier zu suchen hätten.
Wir setzten desshalb unseren Marsch fort, und nachdem wir
einige entferntere Hüttengruppen zur Seite gelassen hatten,
betraten wir einen dichten Wald. Hier konnten wir wieder
wilde Früchte naschen, namentlich eine, welche i,,foti” genannt
wird; sie hat die Grösse einer Aprikose, drei grosse
Steine und ein sehr wohlschmeckendes Fleisch.
Hinter dem kleinen Dorfe Dalä Dissoa sah ich das erste
Beispiel der heiligen Haine der Marghi. Es war ein dichter,
mit einem Graben umgebener und vom übrigen Terrain abgesonderter
Theil des Waldes, wo in dem am üppigsten auf-
schiessenden und am weitesten sich ausbreitenden Baume
ihr Gott „Tumbl” angebetet wird. Es ist dies eine überaus
interessante Erscheinung, welche diese Heidenvölker im Herzen
Central-Afrika’s mit den eivilisirten, noch heute von uns
in ihren Kunstwerken bewunderten heidnischen Völkern der
alten Welt in die engste Verbindung setzt: dieselbe Stufe
der rohen Naturanbetung, auf welcher die Hellenen standen,
ehe sie vom Baum- und Steinkultus zur Verehrung selbstgeschaffener
bildlicher Idole übergingen*). —
Es war 1 Uhr Nachmittags, als wir das Dorf erreichten,
wo wir, wie man uns versichert hatte, Quartier finden würden.
Es heisst ebenfalls Molgheu und wird durch ein Flussbett:
— „komädugu” in der Kanöri-, „dille” in der Marghi-
Sprache — in zwei Quartiere getheilt. Der Komädugu ist
*) Vergl. die höchst lehrreiche Stelle bei Plinius N. H. XII, c. 1.
am Boden ungefähr 38 Schritt breit und wird von steilen
Ufern eingeschlossen.
Mein Kaschella war nunmehr gezwungen, seinen herrischen
Befehlen zu entsagen Und sich zur Höflichkeit UDd List zu
bequemen. Wir überschritten daher in Ruhe das Rinnsal,
welches gegenwärtig nur einen Tümpfel stehenden Wassers
enthielt und reich mit frischem Gras überwachsen war, und
legten uns an .seinem östlichen Rande im kühlen Schatten
einiger höchst üppigen Komelbäume nieder; 1p- es waren, so
viel ich mich erinnere, die grössten je von mir gesehenen
Exemplare dieser Art. Hier breiteten wir dann all’ unser
Gepäck, welches in der letzten Nacht nass geworden war,
zum Trocknen aus; die Pferde labten sich indess an der von
dem frischen grünen Rasenteppich gebotenen Weide. — An
diesem freundlichen, angenehmen Platze, welcher über einen
grossen Theil des Dorfes einen Blick gewährte, genoss ich
mein aus „tschebtschebe” (einem leichten und schmackhaften
Kanöri-Gebäck aus Waizen, Butter und Honig) und „nüffu”
(der von den Arabern „habb’ el asls” genannten Erdnuss)
bestehendes Frühstück.
Allmählich, da sich wieder ein Gewitter zu erheben .drohte,
sahen wir uns nach einem Quartier um, und ich nahm mit
Mällem Katöri und meinen drei Dienern einen kleinen Hofraum
in Besitz, welcher mit einem leichten, aus Matten und
Dornengebüsch bestehenden, 4 Fuss hohen Zaune umgeben
war. Der Hof enthielt vier Hütten; eine fünfte nebst dem
Kornmagazin war eingefallen. Die Hütten waren ziemlich
beengt, da sie ausser dem grossen „gebam” (d. i. die Urne,
welche den nöthigen wöchentlichen Vorrath von Korn in sich
fasst) und dem Wasserkrug — „bäsam” — noch eine Menge
Thongefässe enthielten. Auch die Thüren — wenn man sie
so nennen darf — waren ausserordentlich klein und dabei
noch etwa 1 Fuss über dem Erdboden erhaben, so dass Jemand,
der an eine solche Arbeit nicht gewöhnt war, Mühe