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nehmen gar vielen Unannehmlichkeiten und Gefahren ausgesetzt
haben. In jedem Fall beschlossen wir, so schnell, als es
unsere Kameele im Stande sein würden, unseren Marsch fortzusetzen,
indem wir mit Ausnahme der heissen Tageszeit den
ganzen Tag rastlos vorrückten.
Die Gegend jedoch, die wir hier betreten hatten, war so
kahl, dass wir heute kaum ein Plätzchen fanden, um uns gegen
die Gluth der Mittagssonne zu schützen, und es war der
Stamm eines der ungeheueren Affenbrodbäume, welche aus
der öden Fläche emporstiegen, der uns eine Zufluchtsstätte
in dem kurzen, aber breiten Schatten seines massenhaften
Umfangs gewähren musste; denn diese Bäume haben in dieser
Jahreszeit nicht ein einziges Blatt. In einiger Entfernung
lag der ummauerte Ort Käbi, dessen südliches Viertel allein
bewohnt zu sein schien. Hier hatten unsere Freunde,
die Tebu, Halt gemacht; wir brachen nun zusammen um
2 Uhr Nachmittags auf und schlugen die Strasse über Def-
föa ein, indem wir den über Donäri führenden Pfad zur
Rechten liessen. Die Gegend nahm hier einen freundlicheren
und sehr eigenthümlichen Charakter an.
Es beginnt nämlich hier ein Gürtel, welcher aus Sanddünen
von 100—120 Fuss Höhe besteht, die auf dem Gipfel
eine ebene Fläche von ausgezeichnetem anbaufähigen Boden
haben, aber mit nur spärlichem Baumwuchs bekleidet sind.
Die Einsenkungen dagegen, welche diese Anhöhen oder Dünen
von einander trennen und oft in sehr geschlängelten Windungen
sich hinziehen, sind gewöhnlich mit dem dichtesten
Pflanzenwuchs reich bewachsen, und die Dümpalme und das
Dümgestrüpp sind hier vorherrschend. Diese eigenthümliche
Formation hat, wie ich glaube, einige Beziehung zu der gros-
sen binnenländischen Lagune, dem Tsäd, der in alten Zeiten
eine weit grössere Ausdehnung gehabt haben muss und wohl
diese Begrenzung hatte.
Der Verkehr auf dieser Strasse war am heutigen Nachmittag
ausserordentlich lebhaft. Eine bunt zusammengesetzte
Gesellschaft folgte der anderen. Haussa-fatäki, Bomu-Händ-
ler, Kanembü-tebu, Schüa-Araber, Ueläd Slimän von jenem
freien räuberischen Stamme der Araber, der von den Ufern
der Syrte nach mannichfaltigen Schicksalen an die Grenze
des Landes der Schwarzen übersiedelte, — Alles zog in bunter
Abwechselung an uns vorüber und die Lastthiere waren
ebenso gemischt: Kameele, Ochsen, Pferde, Esel. Die Ueläd
Slimän, die Kameele nach dem Markte von Kanö zum Verkauf
führten, erschraken nicht wenig über meine Nachricht
von dem Schicksal ihrer Brüder bei Küka meiruä, da sie
sich wohlbewusst waren, dass die meisten ihrer Kameele
zu denen gehörten, welche sie früher den Kel-owi abgenommen
hatten, dass also die Letzteren vollkommen befugt wären,
so weit der unsichere Zustand des Landes es ihnen gestattete,
sich ihres Eigenthums wieder zu bemächtigen.
Als der Abend herannahte, wurden die Einsenkungen, welche
wir zu passiren hatten, von Tausenden von Turteltauben
belebt, die in der kühlen Dämmerung der hereinbrechenden
Nacht ihr loses und verliebtes Spiel in dem Dickicht der
Waldung trieben. Alles war sonst still und schweigsam; nur
ein entferntes Geräusch, das, als wir uns in dem ausserordentlich
geschlängelten Thale entlang wandten, jeden Augenblick
deutlicher und bestimmter wurde, zeigte uns die Nähe der Stadt
Defföa an. Wir erreichten sie in vollkommener Dunkelheit,
Uhr Abends, und lagerten uns unweit von ihrem Saume nach
Norden so unbemerkt wie möglich, während im Inneren der
Stadt bis tief in die Nacht hinein, lebhafte Musik erschallte.
[Dienstag, 25*ten Märzi\ Alles war noch still im Orte,
als ich mit meinem kleinen Trupp auf brach, um der Spur
unserer gelegentlichen Reisebegleiter, der Tebu, zu folgen. Der
Platz war nur mit einem leichten Dornenverhack umgeben,
schien aber wohlhabend und dicht bewohnt zu sein. Die
Gegend blieb sich gleich, aber das Land war hier besser als
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