und seiner Aufgewecktheit nicht frei yon absurden Vorur-
theilen war, behauptete mit- der äussersten Hartnäckigkeit,
dass das erwähnte Gewässer vom Benue ausgehe, an einer
Stelle Namens Kobere, und dem Schäri zuflösse. Bei alledem
aber kannte er den letzteren Fluss nur vom Hörensagen.
Mein alter verständiger und erfahrener Mallem dagegen bestritt
diesen Punkt mit vollem Erfolg, indem er darthat, dass
der Fluss in den Bergen weit im Norden vom Benue seinen:
Ursprung habe. Unter solchen höchst wissenschaftlichen Gesprächen
verbrachten wir bei schmaler Kost den Abend ganz
gemfithlich und die Nacht verstrich ohne irgend einen Unfall,
indem meine Begleiter in enggeschlossenem Kreise um
mein Zelt herum schliefen.
[Montag, 9ten JUni.\ Zu früher Stunde traten wir unseren
Marsch an. Mehrere von den Fulbe, die mir am verflossenen
Tage einen Besuch abgestattet, schlossen sich unserem Trupp
an, während nur ein einziges Mitglied unserer Gesellschaft
hier zurückblieb; dies war der erwähnte Reiter Malay Ibräm’s.
Der ganze Gau hatte früher diesem mächtigen Höfling gehört,
aber er hatte ihn kürzlich an Abu Bakr, den Sohn
Scheich 'Omar’s, abgetreten; wir haben jedoch schon-gesehn,
welch eine ungewisse Art vofl Lehnsherrschaft es war.
Das Land, durch welches unser Weg führte, war frisch
und schön, der Himmel aber trübe. Ich erstaunte über das
häufige Vorkommen der giftigen Euphörbie, welche die Ka-
nöri „karügu” nennen, obgleich sie im eigentlichen Bomu
gar nicht vorzukommen scheint. Aber wir waren hier in
einem reicheren Lande, wo Gutes und Schlimmes in grösserer
Fülle gemischt war. Ein wenig weiterhin stand das junge
Getreide schon 1 Fuss hoch und bot einen höchst erfreulichen
Anblick dar.
Bald aber hörte der Anbau auf und wir betraten dichte
Waldung, wo die Unsicherheit und Gefahr bedeutend war.
Ein lebendiger Beweis des gesetzlosen Zustandes dieser Landschaft
war das Dorf Ye-ssa, das in einer Art von Unterthänig-
keit — „imäna”, wie die Mohammedanischen Eroberer dieses
Verhältniss mit dem Arabischen Namen bezeichnen — zum
Scheich'Omar gestanden hatte, aber vor etwa 40 Tagen vom
Stamme der Gulük verbrannt worden war. Es war das erste
Dorf auf dieser Strasse, dessen Hütten ganz von der von
den Kanöri „bongo” genannten Art waren, das heisst, die
Wände waren aus Thon gemacht, während das Dach ans Rohr
bestand.
Wir machten hier einen kurzen Halt von wenigen Minuten,
um die Fussgänger und Fussgängerinnen etwas zu Athem
kommen zu lassen; dann setzten wir unseren Marsch mit
um so grösserer Eile fort und zogen bald bei der Stätte einer
anderen Ortschaft vorüber, die schon in früherer Zeit zerstört
worden war. Auf dieser ganzen Strecke hatten wir
zu unserer Linken stets eine überaus fruchtbare, aber gänzlich
verwilderte Ebene in grösster Fülle der Vegetation, im
Hintergründe von der Bergkette überragt, von der von Zeit
zu Zeit ein Blick auf den Mendif und Kamälle sich eröffnete.
Diese Vorhöhen der Mandara-Berge mit der reichen Ebene
zu ihren Füssen, das wäre ein Feld für Europäischen Anbau,
und welche Ausbeute müsste der Botaniker finden, der hier
ruhig umherstreifen könnte!
Plötzlich näherte sich auf dieser Seite ein Flüsschen von
4 0 ä 5'0 Schritt Breite und von etwa 12 Fuss hohen Ufern
eingeschlossen. Eine ansehnliche Wasserrinne floss mit mäs-
sigem Strome und in grossen Windungen in ihm durch die
schöne öde Ebene nach Norden hinab und gewährte einen
angenehmen frischen Trunk anstatt des ungesunden Wassers
aus den stehenden Pfützen, die stets voll von Pflanzenstoffen
sind und oft von Würmern wimmeln und sicherlich einen
Hauptgrund für Krankheiten und Siechthum des Europäischen
Wanderers abgeben. Es war überaus unterhaltend, obgleich
die Dichtigkeit des Waldes und die Unsicherheit der Gegend