fohlte und den erzwungenen Aufenthalt, den ich hier zu machen
hatte, innig bedauerte, so schien es doch, dass wir wenigstens
in Bezug auf Nahrungsmittel keinen Mangel leiden
sollten; denn kaum hatten wir unser Quartier bezogen, als
der Sserki mir einen Widder und zwei Ochsenladungen
Korn*) zuschickte, deren eine in „gero” (Pennisetum typhoi-
deum), .die andere in „daua” (Eolcus Sorghum) bestand.
Aber anstatt durch diese gastfreundliche Gabe erfreut zu
werden, wurden wir insgesammt von einem panischen Schrecken
befallen und sahen mit verzweiflungsvollen Gesichtern
bald uns selbst, bald die zentnerschweren Vorrathsschläuche
an; denn ich und meine drei Leute hätten an diesem Korn-
vorrath wohl für ein Jahr genug gehabt, und nur zu gerecht
schien die Befürchtung, dass unser hiesiger Aufenthalt sich
sehr in die Länge ziehen möchte und dass der Statthalter
wirklich die Absicht, mich direkt nach Sokoto zu schicken,
wie er gedroht hatte, ausführen wolle, — eine Drohung, die
mir meine drei Leute, selbst den getreuen Mohammed Ga-
tröni, entfremdete. Dieser arme Mensch, welcher viel von
'Abdallah’s (Clapperton’s) Schicksal aus dem Munde der Araber
gehört hatte, die ihn gewöhnlich als vergiftet darzustellen
pflegten, war bei dem Gedanken, dass ich nach Sokoto
gesandt werden möchte, ausser sich und sagte mir mit festem
Entschluss für diesen Fall den Dienst auf; im Verfolg
meiner Reise, als meine Mittel einen günstigeren Erfolg in
Aussicht stellten, begleitete er mich aber doch aus freien
Stücken nach eben jener gefürchteten Hauptstadt.
Indess Ress mir mein neuer Beschützer Bel-Rhet nicht viel
Zeit zum Nachdenken, sondern stellte sich sehr bald ein,
um mich wieder zum Statthalter zu führen. Wir hatten einige
*) Es ist wohl erlaubt, den Ausdruck „Korn” , als ein allgemeines Begriffswort
für Feldfrucht, zu gebrauchen, obgleich die Negerhirse eigentlich
nicht zum Korn gehört.
Zeit in dem kühlen Schatten der oben erwähnten herrlichen
Sykomore gesessen, als wir in das Audienzzimmer Sr. Hoheit
gerufen wurden; das letztere war eben nur die runde Hütte
—■ „derne” (auf Kanöri „saure” genannt) —■, welche gewöhnlich
die Vorhalle oder das Eintrittszimmer zu allen grösseren
Wohnungen der Fulbe bildet. Ausser mir, Hadj Bel-Rhet
und dessen beständigem Begleiter Müssa war noch der wohlhabende
Kaufmann Hadj Wali zugegen. Des Letzteren Bekanntschaft
hatte ich in Tessaua gemacht, wo er mich bereden
wollte, den Boten zu folgen, welche mich nach Sinder
entführen sollten; mit ganz verändertem politischen Standpunkte
aber stellte er nun plötzlich den . Statthalter von
Kätsena, als den grössten Potentaten im ganzen Sudan dar
und als einen Mann, dessen Freundschaft mir werther als
alles Übrige sein müsse. Nach dieser Einleitung begann der
Sserki selbst gar bald seine Talente als Schauspieler zu entwickeln;
er deutete und kommentii'te den unglückhchen Brief
des Sultans von Agades, den ich im ersten Bande meiner
Reise mitgetheilt habe, und die weisen Männer wussten
den Inhalt desselben dahin auszulegen, dass jener Fürst ihm
(dem Herrn von Kätsena) ganz besonders an’s Herz lege,
mich in seiner Gesellschaft zurückzuhalten. All’ mein Reden,
dass mein Freund 'Abd el Kädiri mich genau in denselben
Ausdrücken den Statthaltern von Daura und Kanö
empfohlen und dass ich durch Vermittelung 'Abd el Kädiri’s
selbst einen Brief von Agades nach Sokoto an den Emir el
MumenTn gesandt habe, in welchem ich ihm versprochen,
dass, sobald wir neue Mittel von der Küste an uns gezogen
hätten, einer von uns ihn sicher besuchen würde, um ihn
von Seiten der Regierung, die uns ausgeschickt, zu begrüs-
sen, dass wir aber augenblicklich, beraubt und entblösst,
wie wir wären, unmögHch einen solchen Plan ausführen
könnten — das Alles fruchtete nichts. Mohammed Bello hatte
für jede Einrede eine Antwort und schämte sich sogar nicht,