Asben in diesen fruchtbaren Gegenden haben, und Jeder
kann sich leicht vorstellen, wohin ein solches Eingreifen in
fremdes Land einst führen dürfte.
Kurz vor 4 Uhr Nachmittags lagerten wir in der Nahe
eines Dorfes Namens Schibdaüa. Die Stadt Daura, der Mittelpunkt
der gleichnamigen Provinz, war von hier etwa zwei
Tagereisen entfernt.
[Freitag, 3 p tm Januar.] Ein prachtvoller Morgen, der
mir die glücklichsten Augenblicke meines Lebens gewährte,
brach an. Unabhängig von Jedermann, mit meinem kleinen
Trosse von drei Begleitern ohne Hab und Gut in die Welt
hineinziehend, konnte ich mich ganz dem Gefühle ungebundenster
Freiheit hingeben und an dem friedlichen Genüsse
des herrlichen Anblicks von Gottes Schöpfung in neuen lebensvollen
Formen mich laben.
Die Landschaft, welche wir von Schibdaüa aus betraten,
gehört zu den schönsten, anmuthigsten Gegenden, welche
ich je in meinem Leben gesehn habe. Die Bodenoberfläche
war leicht gewellt und mit noch frischem Gras bekleidet,
das die versengenden Sonnenstrahlen noch nicht ausgedörrt
hatten; darüber erhob sich der edlere Pflanzenwuchs in der
grössten Mannichfaltigkeit und reichsten Fülle, jedoch nicht
eine undurchdringliche Waldung bildend, sondern von der
Künstlerhand der Natur zu schönen Gruppen geordnet und
der schönsten Wirkungen von Schatten und Licht fähig.
Da war die Kena mit ihrer reichen, dichten Fülle dunkelgrünen
Laubes, die Kadena — der Butterbaum , welche
ich hier zum ersten Male sah, in der Entfaltung des frischesten
und prachtvollsten Grüns; dann der mehr luftige Marke,
dessen Äste und Zweige sich in phantastischen Formen ausstrecken
und mit leichten, fächer - oder schirmartigen Büscheln
seines Blätterwerks bedeckt sind; ferner junge Tamarinden,
die ihre dichten Blätterkronen in der regelmässig-
sten Gestalt eines breiten, undurchdringlichen Schirmdaches
ausspannten, gleich als wollten sie den Beisenden zur Buhe
einladen. Dann waren da der Gämdji, die Schéria, Ssokütso,
Turaüa und viele mir imbekannte Baumarten, aber über alle
hinaus ragten die Fächerkronen der Göreba’s oder Düm-
palmen, um das Auge des entzückten Bewunderers vor den
Strahlen der Morgensonne zu schützen, damit er ungestört
die anmuthige Scene betrachten könne. Selbst die Gónda
( Carica Papaya), welche so selten in diesen nördlichen Gegenden
des Sudans zu sehn ist, belebte die Landschaft, als
wir uns dem Dorfe Käschi näherten.
Die Flora war gewissermassen nur da, um der befiederten
Welt als heitere und sichere Buhestätte zu dienen. Vögel
von unzähligen Arten ausser den wohlbekannten Turtel- und
Waldtauben spielten im Vollgenusse ihrer Freiheit girrend
und zwitschernd umher; namentlich war es der Sserdi*), ein
grösser Vogel mit prachtvoBem heflblauen Gefieder, der
meine Aufmerksamkeit erregte. Hier und da liess sich eine
Heerde mit Behaglichkeit über den reichen Weidegrund sich
ausbreitender Binder sehn; alle Kühe waren von weisser
Farbe und die Bullen hatten auf der Schulter einen grossen
Wulst oder Höcker — „töso” auf Haussa —, der in Überfülle
des Fettes auf einer Seite herabhing. Aber selbst bei
diesem entzückenden Schauspiele wurde man an Zerstörung
erinnert; denn überall liess sich die giftige Pflanze „tümnia”
sehn.
Baumwollen- und Karä-ssia-Felder unterbrachen die parkähnliche
Scenerie, und nahe bei Kämri, einem kleinen, mit
niedriger Lehmmauer umgebenen Orte, erfreute uns der seltene
Anblick eines höheren Grades von Industrie. Es war
eine kleine Einsenkung, in Beete eingetheilt, welche durch
Ziehbrunnen mit langen Schwengeln — „lambuna” —-r bewässert
und auf denen, in treuer Gemeinschaft Arabischer
*) Ist dieser Vogel identisch mit dem Nisus gymnogenys?