Da der Herr augenblicklich nicht zu sehn war, musste ich
einen halben Tag opfern und mich entschliessen, die Nacht
hier zuzubringen. Ich bat desshalb um ein Quartier und erhielt
einen geräumigen, aber schmutzigen Hofraum angewiesen,
wo ich mir nur sehr ungenügenden Schatten mit meinem
kleinen, ungefütterten Englischen Zelte verschaffen konnte.
Nachdem ich hier zwei sehr unbehagliche Stunden zugebracht
und nicht einmal eine Erfrischung genossen hatte, wurde ich zu
einer Audienz berufen und musste mich allein hinhegehen,
da ich den Einen meiner Diener zum Schutze des Gepäckes
zurücklassen musste, während der Andere die Kameele weidete.
Ich fand denGhaladlma in einer ganz aus Mattenwerk errichteten
geräumigen Halle, wo er inmitten seiner Höflinge auf.»
einer erhöhten Plattform oder einem Divan, über den ein Teppich
ausgebreitet war, sass, während Erstere auf dem Boden umher
gruppirt waren. Es war ein kurzer, wohlgenährter Mann von
etwa 60 Jahren, von dunkelschwarzer Hautfarbe, mit grossen,
breiten Zügen, die aus der Kapuze eines blauen Tuch-Ber-
nuses, den er über den Kopf gezogen, hervorstarrten, mit
einem unbestimmten Ausdruck, den man für Dummheit, oder
Schlauheit, Freundlichkeit oder Hinterlist auslegen konnte,.
Nachdem ich ihn begrüsst und nach seinem Befinden befragt,
gab ich ihm meinen dringenden Wunsch zu erkennen, Kükaua
so bald als möglich zu erreichen, da der Tag, den ich mit
meinem älteren Bruder (Herrn Richardson) zur Zusammenkunft
in jener Stadt festgesetzt, herannahe, und hat ihn, mir einen
Führer mitzugeben, welcher mich auf dem geradesten Wege
dahin bringen könnte, da ich keine Kenntniss von der Strasse
besässe und schon viel Zeit damit verloren hätte, meinen
Weg von einem Orte zum anderen zu suchen. Ich übergab ihm
dann mein kleines Geschenk, nämlich ein Englisches Rasir- und
ein Taschenmesser, einen grossen Spiegel von Neusilber, ein
Päckchen Englischer Stopfnadeln, ein halbes Pfund Gewürznelken
und ein Stück wohlriechender Seife. Mit einem Shawl
oder dergleichen würden diese Gegenstände ein sehr ansehnliches
Geschenk gebildet haben; aber ich habe schon früher
erwähnt, dass ich es unterlassen, mich mit diesem Artikel zu
versehen. Nachdem der Ghaladlma Alles mit Genugthuung
in Augenschein genommen, fragte er mich, ob ich nichts
Wunderbares mitgebracht hätte, und ich ging daher nach meinem
Quartier zurück, um meine Spieldose zu holen, an deren
Musik er sich sehr ergötzte, aber auch zu weiterer Neugierde
angeregt wurde, noch andere Merkwürdigkeiten unseres Landes,
wovon er Kunde erhalten, zu Gesicht zu bekommen. Leider
konnte ich seind Neugierde nicht befriedigen und empfahl
mich daherl Als ich einigermassen ermüdet in mein Zelt
zurückgekehrt war, wurde ich unangenehm davon berührt,
dass der Diener des Ghaladima kam, um im Namen seines
Herrn zu fragen, ob ich nicht Kaliko, Zucker, Rosenöl und
dergleichen Artikel besässe; denn es hatte fast das Ansehen,
als wenn er solche Dinge von mir als weitere Gabe erwartete.
Búndi ist ein Ort von leidlicher Grösse, aber mit wenig
Industrie, und das Land, dessen Hauptstadt es ist, geht mehr
und mehr seinem Ruin entgegen, welcher durch die Trägheit und
Schlaffheit des Fürsten herbeigeführt wird. Hiervon wird die
Beschreibung meiner Reise durch dieselbe Provinz im Jahre
1854 vollen Beweis liefern. Die Stadt mag 8- oder 9000
Bewohner enthalten, die zur Manga-Nation gehören, welche
das Hauptelement der Kanöri zu bilden scheint. Ohne Industrie,
wie'die Bewohner sind, ist denn auch das Marktleben
ganz ohne alle Bedeutung; jedoch scheinen die Einwohner,
obgleich keineswegs so lebhaften Charakters wie die Haus-
saua, eine leidlich behagliche Existenz zu führen. Es gab
am Abend Musik und Wettrennen, von dem schrillen Freudenruf
und Händeklatschen der Frauen begleitet, was bis
tief in die Nacht andauerte. Wir indess schienen der Vergessenheit
verfallen zu sein, und es war schon gegen 9 Uhr