gleich mehr Recht als die Adansonia, von der man nur ganz
kleine, verkrüppelte Repräsentanten im Palaste des Scheich
selbst findet.
Wir hatten kaum noch eine Meile zurückgelegt, als wir
dem ersten Trupp Sclma begegneten, Männern und Weibern,
die mit ihren leeren Packochsen von dem grossen Montagsmarkt
— „kässukü letenlnbe” — der Hauptstadt zurückkehrten,
und weiterhin war die Reihe der nach ihren bezüglichen
Wohnstätten heimkehrenden Marktleute ununterbrochen.
Es hat wohl etwas Erhebendes, das ausgedehnte Marktleben
in diesen Gegenden, wo sich der Europäer gewöhnlich
nichts als Abgeschlossenheit und die roheste Barbarei vorstellt.
Während unsere Leute die gerade Strasse verfolgten, wandte
ich mich mit meinem treuen Geleitsmann ein wenig westlich
von der Strasse ab, um dem Amtmann von Münghonö einen
Besuch abzustatten und da einen kühlen Trunk zu erhalten;
denn seitdem ich das Fieber gehabt hatte, litt ich sehr an
Durst, und das Wasser aus den Brunnen ist, da es eine mittlere
Temperatur von 25° C. hat, fast ungeniessbar, ehe es sich
in einem bei Nacht aufgehängten Schlauch abgekühlt hat.
Dieser Hauptort von Münghonö — eine schon zur Zeit Edriss
Alaöma’s als zeitweilige Residenz des Königs von Bornu wiederholt
genannte Ortschaft. hat eine hohe Lage und an
seiner Südseite ist eine Einsenkung oder ein Loch, wo nach
der Regenzeit Waizen und Zwiebeln gebaut werden, während
eine andere Einsenkung auf der Nord- und Ostseite, wo sich
gegenwärtig nur einzelne Wasserpfuhle angesammelt hatten,
in der späteren Jahreszeit einen zusammenhängenden kleinen
See bildet. Die ^anze Gegend enthält eine grosse Menge
Eisenstein — „kau ssüa”, wie ihn die Kanöri nennen —, der,
nachdem er geschmolzen, von den Schmieden verarbeitet wird,
obgleich das daraus gewonnene Metall von nur untergeordneter
Güte ist und dem ausgezeichneten „ssü bültu” von Büban
djidda und selbst dem Eisen von Wändala oder Mändara
bei weitem nachsteht.
Indem ich den Ort durchzog,
fiel mir die Mannichfaltig- /g |a
keit der Gestalt der Hütten- E/lrm
dächer auf und ich zeichnete “
ihre verschiedenen ümrisse in mein Memorandumbuch. In
der That, einförmig wie die Architektur dieser Afrikanischen
Wohnungen zu sein scheint, bietet sie doch bei näherer Betrachtung
eine grosse Mannichfaltigkeit der Formen dar, die
alle zusammenzustellen sich wohl der Mühe lohnen würde.
Nach dem Reichthume natürlicher Formen, den ich in Ada-
maua vor Augen gehabt, schien mir die Landschaft fürchterlich
einförmig und kaum zeigte sich irgend ein Gegenstand,
die Sinne zu ergötzen, als etwa die Blüthen der Mimosen, die
überall einen lieblichen Duft verbreiteten. Wir lagerten uns
während der heissen Tagesstunden nahe bei dem Brunnen Kaine
und hatten hier grosse Schwierigkeit, uns mit Wasser zu versorgen
— und doch bildet sich eben hier etwas später in
der Jahreszeit ein grösser, ausgedehnter See. Solchen Gegensätzen
begegnet man in diesem Erdtheile bei jedem Schritte:
Wüstenei und üppigste Fruchtbarkeit, äusserste Dürre und
reichste Wasserfülle liegen hier nahe beisammen oder wechseln
in schneller Reihenfolge mit einander ab. Dieselben
Gegensätze findet man im Leben der Eingeborenen, heute
das höchste häusliche Glück, Spiel, Tanz und Ausgelassenheit,
morgen Haus und Hof verbrannt, die Bewohner geflüchtet,
in Knechtschaft geführt oder erschlagen. —
Als wir vom Brunnen Kaine aufbrachen, kamen uns Leute
aus der Stadt, die von unserer Annäherung gehört hatten,
entgegen und ich hörte zu meiner grossen Freude, dass der
schlaue Araber Mohammed el Mughärbi, mit dem ich, wie
ich seiner Zeit erzählt habe, schon in Gümmel zusammengetroffen
war, endlich mit den ihm anvertrauten Waaren an