zu Nutze machen und seine hohe Stellung ungeachtet des
üblen Willens, welchen Alle gegen ihn hegten, behaupten können.
Aber, wie die Folge zeigte, entbehrte er solche Eigenschaften
und war dabei doch genöthigt, mit der ihm drohenden
Gefahr wohlbekannt, stets auf seiner Hut zu sein;
so hatte er stets mehrere geladene Pistolen und Karabiner
bei sich, auf und unter seinem Teppich. Kurz vor meiner
Ankunft in Kükaua war, als er des Abends in seinem Hofraum
sass, ein Pfeil nach ihm abgeschossen worden. Ich
kann in der That, sowie ich im Allgemeinen aufrichtig dankbar
gegen die Vorsehung bin, dass ich so mancher persönlichen
Gefahr glücklich entronnen bin, nur mit dem innigsten
Gefühl des Dankes daran denken, dass sie den Sturm, welcher
schon wahrend meines Aufenthaltes in Bornu stets über
seinem Haupte schwebte, abwendete; denn bei dem vertraulichen
Verhältniss, in welchem ich -zu ihm stand, hätten die
üblen Folgen auch auf mich Einfluss haben können. Ich wiederhole
aber, dass Hadj Beschlr, im Ganzen genommen, ein
ausgezeichnet freundlicher, aufgeweckter und gerechter Mann
war und dem Lande ungemein viel Gutes hätte erzeigen können,
wäre er weniger selbstsüchtig und dafür energischer gewesen.
Er war in der That gar nicht im Stande, eine Handlung der
Strenge, wie sie im ungeordneten Zustande eines halb barbarischen
Reiches zu Zeiten wohl nöthig sein mag, selbst zu
vollbringen, und da er sich dieser eigenen Milde wohlbewusst
war, überliess er alle derartigen Angelegenheiten einem Manne
Namens Lamino, dem ich den Titel „des Vezier’s schamlose
Linke” gab; ich werde häufig Gelegenheit haben, diesen
Mann zu erwähnen.
Ich stellte dem Vezier dringend die Nothwendigkeit vor,
die nördlichen Provinzen Bomu’s kräftiger gegen die Tuareg
zu vertheidigen, als dies durch die bisher angewandten Mittel
geschehen könne, um so die schönen Ufer des Komä-
dugu wieder zur sicheren Wohnstätte der Unterthanen zu gewinnen
und sie dem Landbau zugänglich zu machen; ich
drängte ihn auch, für die Sicherheit der Strasse nach Fesäri
die gehörige Sorge zu tragen. Gerade um diese Zeit hatten
die Tuareg einen neuen Raubzug in grossem Maassstabe in die
Grenzlandschaft unternommen, so dass Kaschelia Beläl, der
erste Kriegshauptmann, gezwungen war, in Person gegen sie
auszurücken. Die Strasse von Kanö, die ich mit meinem
guten Stern ungehindert passirt hatte, war so unsicher geworden,
dass eine zahlreiche Kafla ausgeplündert und ein bekannter
Araber, der Scherlf el Ghäli, getödtet wurde. Ich hielt
dem Vezier den schmachvollen Zustand der Seeufer vor, welche
die schönsten Weidegründe enthielten und ungeheuere Reisenden
gewähren könnten. Er ging mit Eifer auf meine, sowie
auf Overweg’s Vorschläge ein, bald aber war Alles wieder vergessen.
Mit dem lebendigsten Interesse hörte er den wenigen
historischen Angaben zu, die ich ihm über diese Länder mittheilen
konnte, und fragte mich ganz besonders, ob Känem früher
wirklich ein so bedeutendes Land gewesen wäre, dass es eines
Versuches werth sei, es wieder zu erobern. Es war in Folge
dieser Unterhaltungen, dass er anfing, ein wärmeres Interesse
an der früheren Geschichte dieser Länder zu nehmen,
und dass die historischen Berichte der Heereszüge des Edriss
Alaöma an’s Licht kamen; er wollte mir aber nicht erlauben,
sie in die Hand zu nehmen, als wenn ich mir durch
sie den Besitz des Landes erwerben könnte, und ich konnte
daher nur über seine Schultern hinweg ablesen. Erst bei
meiner Rückkehr von Timbuktu gelang es mir, mir eine Abschrift
dieses interessanten Werkes zu verschaffen.
Der .Vezier war ein sehr religiöser Mann, und obwohl er
die Europäer ihrer vielen Kenntnisse halber sehr bewunderte,
so hielt er es doch für abscheulich, dass sie berauschende
Getränke genössen. Ich beruhigte ihn indess darüber, indem
ich ihm sagte, dass die Europäer zwar keineswegs gegen die
Reize der Frauen ganz unempfindlich seien, aber doch diesen