Audienz durchzumaohen sind, geben denen an einem Europäischen
Hofe an Lästigkeit gewiss nichts nach.
Ich kleidete mich so warm wie möglich in meinen recht
hübschen Tunesischen Anzug, warf über diesen noch einen
weissen Bernus und bestieg meinen ärmlichen schwarzen
Gaul, In diesem Aufzug folgte ich meinen drei Vermittlern
und Fürsprechern, die in stattlicher Weise, von dem Boten des
Sserki geführt, vor mir herritten. Es waren Bauü, Eleidji
und Ssidi 'Ali. Eleidji war 3 Tage nach mir angekommen
und gab mir unausgesetzt Beweise derselben uneigennützigen
Freundschaft, welche er mir früher bewiesen. Ssidi A li war der
Sohn Molmmmed’s, des früheren Sultans von Fesan und letzten
Herrschers aus der Dynastie der U eläd Mohammed, welcher
von Muckern, dem Vater Yussuf’s, Herrn Bicliardson’s
Dolmetschers, getödtet worden war. Obgleich eben dies \ er-
liältniss, dass der offizielle Dolmetscher der Mission der Sohn
des Mörders dieses Mannes war, uns ihm gegenüber scheinbar
in sehr feindliche Beziehung hätte bringen müssen, so
wäre es doch von Anfang an weit vortheilhafter gewesen, ihn
zum Agenten zu haben, als Bauü. Gleich bei meiner Ankimft
hatte er sein Interesse für mich durch das Geschenk, welches
er mir mit einem fetten Widder machte, an den Tag
gelegt, und nun hatte er die Freundlichkeit, mir das Geleit zu
geben und beim Reichsverweser seinen Einfluss zu meinen
Gunsten in die Wagschale zu legen. Ich kann ihm das Zeugniss
geben, dass er für einen Araber ein höchst ehrenhafter Mann
ist und in grossem Ansehen bei den Eingeborenen steht. In
Folge meiner damals gemachten Erfahrung stellte ich mich bei
meinem zweiten Besuche in Kanö auf der Rückreise von Tim-
buktu, am Ende des Jahres 1854, als ich durch die eigen-
thiimlichen Umstände noch mittefloser war, als im Jahre 1851,
sogleich unter seinen Schutz und machte ihn zu meinem Agenten,
während meine Angelegenheiten einen ansehnlichen Kredit
erforderten.
Es war ein sehr schöner Morgen, und die ganze Scenerie
der Stadt mit der Mannichfaltigkeit von Lehmhäusern, Hütten
in aller möglichen Gruppirung und in den verschiedensten
Stadien des Verfalles, leichten Buden oder Schattendächern,
mit grünen freien Plätzen, auf welchen Rinder,
Pferde, Kameele, Esel und Ziegen in bunter Gemeinschaft
mit einander weideten; grosse und tiefe Gruben, mit Wasser
hoch gefüllt, dessen Oberfläche von Wasserpflanzen bedeckt
und belebt war, oder frisch gegraben, um das nö-
thige Material zu neuen Wohnungen zu gewinnen; die einzeln
umher zerstreute Flora von den verschiedensten und
schönsten Arten, namentlich die prachtvolle symmetrische
Gonda ( Carica Papaya) und die schlanke Dattelpalme,
beides Zeugen des thätigen Eingreifens der Menschen in die
schaffende Natur; die Menschen selbst in dem buntesten Gemisch
der Kleidung, vom fast nackten Sklaven aufwärts bis
zum farbenreich und prächtig gekleideten Araber: alles das
bildete eines der belebtesten und anregendsten Schauspiele.
Bis zum Marktplatze hatte ich mich schon früher einmal
zu Fusse gewagt, aber mein Wirth schickte mich heim, sobald
er mich sah, weil ich noch nicht förmlich vom Statthalter
empfangen worden sei. Auch kann der Reisende zu
Fusse sich keinen rechten Begriff von irgend einer Afrikanischen
Stadt verschaffen, während er zu Pferde einen Blick
in alle Hofräume gewinnt, dadurch Augenzeuge der verschiedenen
Geschäfte und Scenen des Privatlebens wird und oft
mit e in em Blick die ganze Stadt. beherrscht. Ich meine
natürlich die Hofräume des gemeinen Mannes; denn die reichen
Araber und die Fürsten wissen hier ihre Häuslichkeit
durch hohes Gemäuer wohl abzuschliessen.
Der- Marktplatz jedoch hatte bei unserem Hinweg noch
keineswegs sein volles Leben erreicht, sondern begann erst
sich z u . füllen; die meisten Buden waren noch leer und
Schaaren von Aasgeiern — „angulü” — trieben sich noch