Dorfe Kükiya hin begraben lagen! Diese grosse Umgestaltung
des Terrains scheint die Folge davon gewesen zu sein, dass
die niedrigeren Schichten des Bodens, welche aus Muschelkalk
bestehen, im vorhergehenden Jahre nachgegeben hatten,
und so das ganze Ufer auf dieser Seite mehrere Fuss gesunken
war. Aher seihst ohne solchen eigenthümlichen Uim
stand entspricht der Charakter des Tsäd dem einer ungeheueren
Lache, welche ihre Ufer jeden Monat ändert, die
daher nie mit Genauigkeit auf einer Karte angegeben werden
kann, ausser dass man das Mittel des niedrigsten und
das des höchsten Wasserstandes nach genauer Untersuchung
bezeichnete. Schon heute, als ich die Beschaffenheit dieser
sumpfigen Niederungen, welche den See oder vielmehr die
Laehe umgehen, übersah, konnte ich mich überzeugen, dass
es unmöglich sein würde, die Ufer mit unseren Mitteln und
Kräften genau aufzunehmen, selbst wenn der Zustand des
umliegenden Landes erlaubt hätte, eine solche Reise zu unternehmen.
Das Einzige, was uns möglich wäre, sah ich,
würde eine allgemeine Aufnahme sein, theils des grössten
Umfanges, den der See erreichen kann, theils der Ausdehnung,
welche das schiffbare Wasser hat.
Als wir nach der Stadt zurückgekehrt waren, beklagte ich
gegen den Vezier meinen verunglückten Ritt nach den Ufern
des Tsäd, und er versprach in Folge dessen, mir einige Reiter
mitzugeben, die mich am Ufer hin bis nach Kaüa bringen
würden, von wo aus ich nach Kükana zurückkehren sollte.
[Sonnabend, 26«tm Ajoril^\ Der Scheich verliess Ngornu
mit seinem Hofe vor Tagesanbruch, um auf geradem Wege
nach der Hauptstadt zurückzukehren. Auch ich sandte mein
Kameel mit zwei Leuten auf der geraden Strasse zurück und
ging, nachdem ich vergebens auf die Begleitwache gewartet,
mit Bü-Säd, um sie aufzusuchen. Trotz aller meiner Mühe
aber konnte ich nur zwei Reiter erhalten; der Eine von ihnen
war Kaschelia Kotoko, ein liebenswürdiger, stiller Kanemma-
Häuptling, der nachher stets mein Freund hlieb; der Andere
gehörte zur reitenden Leibgarde des Scheich und hiess Ssäle.
Mit diesen Begleitern brachen wir zu unserem kleinen Ausfluge
auf, indem wir uns nordöstlich hielten, da die Lache,
wie ich nun hörte, in genauer östlicher Richtung sehr weit
entfernt war.
Es war eine schöne, grasige Ebene, die sich in unbegrenzte
Ferne auszudehnen schien; kein Baum, kein Strauch unterbrach
die Fläche, und auf diesen reichen Auen war nicht
ein einziges lebendes Geschöpf zu sehn. Die Sonne fing
schon an, einen feurigen Schleier über Alles umher zu werfen,
so dass die Nähe des kühlenden Elements höchst wünschens-
werth wurde. Nach einem Marsche von etwa 2 Meilen erreichten
wir sumpfigen Boden und fingen an, unseren Weg
durch das Wasser zu nehmen, das uns oft his an die Kniee
reichte — das-heisst zu Pferde. So erreichten wir das Ufer
eines schönen, offenen Wassers, welches von Papyrusstauden
und hohem Schilfrohr umgeben war. Das letztere war 10— 14
Fuss hoch und von zwei Arten, wovon die eine „mele”, die
andere „bore” oder „bole” genannt wird. Das Mêle genannte
Rohr hat ein weisses, zartes Mark, welches die Eingeborenen
essen, das mir aber einen ziemlich faden Geschmack zu haben
schien. Die Bore hat einen schwarzen Büschel, ähnlich unserer
gewöhnlichen Binse, und ihr Rohr ist dreikantig, ähnlich
dem Papyrus ; ich fand später beide Arten in den stehenden
Gewässern Münio’s und Demagherims wieder. Das Dickicht
war von einer Schlingpflanze mit gelben Blumen durchwachsen,
die von den Eingeborenen „borbudje” genannt wird. Auf
der Oberfläche des Wassers trieb eine Schwimmpflanze umher,
die Pistia Stratiotes, wie ich glaube, die von den Anwohnern
ganz bezeichnend die „heimathlose Fauna” („Fanna, billa bä-
go”) genannt wird.
Diese Bucht des See’s heisst „Ngiruwä”. Wir hielten uns
nun etwas mehr nördlich, aher immer durch tiefes Wasser voll