Nachdem ich eine lange Zeit vergebens gewartet hatte, liess
sich der alte Mann entschuldigen, dass Hinfälligkeit ihn verhindere,
mich vor sich zu lassen, und wir kehrten nach unserem
Quartier zurück. Ich konnte übrigens hei meinen geringen
Mitteln damals wenig Ansprüche auf fürstliche Huld machen.
Heute, als am Freitag, war Markttag, und um den Markt
in der reichsten Entwickelung seines Lehens zu sehn, wartete
ich bis Mittag. Da bestieg ich mein Pferd und ritt hinaus.
In allen diesen Gegenden des Negerlandes nämlich ist es
Grundgesetz, dass die Märkte in den heissesten Tagesstunden
am besuchtesten sind, trotz der grossen Ermattung, welcher
alle Leute, namentlich aber Fremde dabei ausgesetzt sind. Diese
Sitte steht in starkem Gegensatz mit der auf den Märkten
in Yöruba und in den benachbarten Ländern üblichen Gewohnheit,
wo die Märkte in der Abendkühle abgehalten werden;
aber sie erstreckt sich nicht weniger auf die Märkte
von Kükaua, Mäsena und den östlich angrenzenden Ländern,
als auf die Märkte von Kanö, Sokoto und selbst Timbuktu.
Der Markt zu Gümmel wird ausserhalb der Stadt gehalten,
zwischen den beiden an der Westseite gelegenen Thoren, aber
näher nach der „tschinna-n-yalä” *■), dem nördlichen Thore
zu, das sich durch seine gute Befestigung auszeichnet.
Obgleich ich ziemlich viel von Gümmel gehört hatte,
war ich doch über die Grösse und das Leben des Marktes
nicht wenig erstaunt; aber der am Sonnabend abgehaltene
soll noch wichtiger sein. Gümmel ist in der That der Hauptplatz
für den ausgedehnten Natronhandel, welcher, wie ich
oben erwähnt habe, zwischen Kükaua und Münio auf der
einen und Nüpe oder Nyffi auf der anderen Seite betrieben
*) „Tschinna-n-yalä” ist ein interessantes Beispiel der Verderbniss einer
Sprache in Grenzlandschaften. Die Worte nämlich sind Kanon, die Yerbin-
dungsweise derselben dagegen ist nach den Hegeln der Deklination in der
Haussa-Sprache. In rein grammatischer Ausdrucksweise würde es „tschinna
yälabe” heissen.
wird; denn diese Waare geht aus einer Hand in die andere
und es ist sehr selten, dass die Kanöri-Leute sie weiter als
bis Gümmel schaffen. Grosse Massen Natron von den beiden
oben angeführten Sorten, gewiss nicht unter 1000 Lasten,
wurden zum Verkauf ausgeboten; eine volle Ochsenlast der
besseren Sorte kostet 5000 und eine Eselladung der geringeren
Qualität 500 Kurdi. Die Wichtigkeit des .Marktes ist
hinlänglich einleuchtend aus der grossen Anzahl von Marktbuden
(nicht weniger als 300), die jedoch nicht in regelmässigen
Beihen errichtet sind, wie dies in Kätsena und Kanö
der Fall ist. Hier wird eine grosse Auswahl der verschiedensten
Gegenstände zum Verkauf ausgeboten, wie: alle Arten
Kleidungsstücke, Handwerksgeräth, irdene Töpfe, alle
möglichen Lebensmittel und Gewürze, Rindvieh, Schaafe,
Esel, Pferde; — kurz, alle fremden und einheimischen Erzeugnisse,
deren die Eingeborenen bedürfen, sind hier in
reichlicher Fülle zu finden; nur Baumwolle scheint seltener
zu sein.
Die Araber haben ihren Stand unter einem reich-belaubten,
sich weit ausbreitenden wilden Feigenbäume, der mir
um so mehr im Gedächtnisse geblieben ist, als ich hier die
Bekanntschaft eines höchst einsichtsvollen, erfahrenen Mannes
Namens rAsi Mohammed Monlr zu machen das Glück
hatte. Dieser Mann gab mir sehr wichtige Nachrichten,
hauptsächlich in Bezug auf die Strasse von Kanö nach Töto
und diejenige von Sokoto nach Gondja, und liess mich einen
Blick in die Sprache von Saberma und den umliegenden
Landschaften werfen; er gab mir auch die erste genaue Beschreibung
von der ungeheueren Stadt Alöri oder Höri. Dies
ist der grosse Mittelpunkt der erobernden Fulbe in Yöruba,
und ich werde im Verlaufe meiner Reisen wiederholt auf
diesen wichtigen Platz zurückzukommen haben. Mein neuer
Bekannter war, wie gesagt, ein sehr intelligenter Mann, der
viel umhergereist war und selbst einen längeren Aufenthalt in