und Händen hätte denken sollen. Einzelne waren thatsächlich fast
so weiss als wir, andere kaum dunkler als Kosaken. Indess wechselt
der Färbungston individuell ziemlich und ich erinnere mich z. B.
eines kirghisischen Knaben in Sergiopol, der fast dunkelbraun aussah
und zwar nicht lediglich in Folge von Schmutz.
Eine Excnrsion längs dem Uferrohrwalde ergab nichts als einen
Eisvogel, der wie die spätere Vergleichung zeigte, sich mehr der
indischen Art (Alcedo bengalensis) als unserer europäischen (A. ispida)
nähert. Den zahlreichen Graugänsen (Anser cinereus) die jetzt
Dunenjunge führten, war ebensowenig beizukommen als Seeschwalben
(Sterna lencoptera) und Wasserhühnern (Fulica atra), und Rohrsänger
zu schiessen kam mir sündhaft vor, da sie im Dickicht des
Röhrichts doch unrettbar verloren gewesen wären. Drei Rabenarten
(der Kolkrabe [Corvus corax], die Raben- und Nebelkrähe
[C. corone und cornix]) hielten sich ebenfalls unnahbar im Rohre
auf. Eine Landschildkröte wurde gebracht. Es war Testudo Hors-
fieldi, Gray, die sich vom Balcliasch bis hinab nach Indien findet.
Wie uns gesagt wurde, soll sie bei den Steppenseen sehr häufig
sein, aber leider blieb das besagte Exemplar das einzige auf der
ganzen Reise. Es begleitete uns auf Kameel und Tarantasse über
die Schneeberge des Altai bis Bamaul, wo die ,,Tscherepacha“, wie
Schildkröte auf russisch heisst, vielfach angestaunt wurde, und machte
von hier aus die Reise nach Europa, aber — in Spiritus: ein Opfer
des Forschereifers!
Von dieser ersten Bekanntschaft mit dem westlichen Ala-Kul
waren wir selbstredend wenig erbaut und freuten uns als schon um
9 Uhr wieder aufgebrochen wurde. Dank der ausgezeichneten Führung
Tamar-Bei’s, eines kirghisischen Gemeindevorstehers und Dolmetscher
des Obristlieutenants, sollten wir aber bald anders urtheilen.
In südöstlichster Richtung längs den Röhrichten des westlichen
Ufers durch schimmernde Salzsteppe, die hie und da mit Rhabarber
und Wicken besetzt war, vorwärts eilend, führte uns Tamar-Bei
zweimal an erhöhte Stellen, die einen Ueberblick über den grauen
See gestatteten, der das Auge entzückte. Die ausgedehnte Wasserfläche
wurde im Nordosten von der blauen Kette des Tarbagatai
malerisch begrenzt, an die sie sich unmittelbar anzulehnen schien.
Noch grossartiger gestaltete sich das Bild, als wir gegen 2 Uhr
Nachmittags an einer sanften Einbuchtung am Südrande des Sees
Halt machten und ein Jnrtenlager bezogen, in welchem uns mit
* Sammeln und Beobachten zwei Tage nur allzu schnell verflossen.
Diese Stelle zeichnete sich durch einen sanft ansteigenden Hügel
aus, der jetzt in frisch entsprossenem Gras- und Kräuterwuchs grün
erschien, bei der Kürze der Steppenflora aber die kirghisische Benennung
„Ak-Tübe“ d. h. weisser Hügel ebenfalls verdienen mochte.
Das Ufer des Sees war hier nicht, wie sonst im Allgemeinen, flach
und mit Röhricht bedeckt, sondern bestand in einer 20 bis 30 Fuss
hohen senkrechten Sandwand, die meist einen etliche Fuss breiten
Strandsaum freiliess oder von den Wellen unterwühlt hie und da
eingestürzt war. Von diesem Hochufer aus, welches sich in ziemlicher
Ausdehnung von Ost nach West erstreckte nm sanft abfallend an beiden
Enden in die Rohrwälder zu verlaufen, konnte man den grössten
Theil des Sees übersehen. Er erschien von länglicher Gestalt, erstreckte
sich ziemlich in ost-westlicher Richtung und zeigte an
seiner nord-westlichen Ecke eine Landzunge oder Insel, die als
Aral - tübe d. h. Inselhügel bezeichnet wurde, eine Benennung die
bei diesen Steppenseen so oft wiederkehrt. Nach Schrenk ist dieser
Aral-tübe ca. 120 Fuss hoch und besteht aus Hornstein. Die östlichen
und westlichen Ufer verliefen in ungeheure Rohrwälder;
nördlich wurde der See scheinbar vom Tarbagatai begrenzt.
In südlicher Richtung von unserem Lagerplatzte, anscheinend
unmittelbar hinter dem Steppenhügel, aber thatsächlich noch in weiter
Ferne, da die dünne Luft der Steppe Alles viel näher erscheinen
lässt, erhob sich eine blaue Gebirgswand, die noch mit zahlreichen
Schneeflecken gescheckt erschien, also die Bezeichnung „Ala Tau“
d. h. gescheckte Berge vollkommen verdiente. Hinter dieser Ge-
birgsreihe zeigten sich weissleuchtende schneebedeckte Picks, die
uns als der Kuk-tau d. h. die blauen Berge genannt wurden, welche
aber nichts anderes als die höchste Kette des Ala Tau sind, mit
welchem Namen Eingeborne zuweilen das ganze Gebirge zu bezeichnen
pflegen. Vom Hügel selbst, den Graf WAldburg bei seinen
botanischen Excursionen besuchte, sieht man im Osten das chinesische
Grenzgebirge Barlyk, dessen höchster Gipfel der Ak-Tscheku nur
2800 Fuss Höhe erreicht, und weiterhin die schneeigen Häupter des
14000 bis 16000 Fuss hohen Orchotschuk-Gebirges in China, welches
gleichsam als östliche Fortsetzung des dsungarischen Ala-Tau
gelten kann.
Der Ala-Kul d. h. „gescheckter“ oder „bunter See“, wie Humboldt