typus erhalten diese Ziegen aber durch die eigentümliche Bildung
der Hörner. Letztere stehen nämlich meist gerade aufrecht und
biegen sich entweder mit den Spitzen gegeneinander nach innen
oder die Letzteren wenden sich etwas nach rückwärts. Ausser den
schönen langhaarigen Ziegen, welche ich in Bulgarien so häufig sah,
erinnere ich mich, nicht schönere angetroffen zu h^ben. Ich hatte
indess hier nicht Gelegenheit wahrzunehmen, dass man die Ziegen,
wie in der Türkei scheert, um das weiche, lange Haar zu verarbeiten,
obwol dies der Pall sein mag.
Ausser den genannten Hausthieren trafen wir zwei Stationen
hinter Pawlodar, mit einem Anderen, für uns neuen zusammen,
welches uns so recht mahnte, dass wir Centralasien zustrebten,
nämlich dem Trampelthier oder zweibuckeligem Kameel. Ich werde
auf dieses nützliche Thier, welches uns in der Folge seihst unentbehrlich
wurde, zurückzukommen haben und will hier nur noch im
Anschluss an die zuerst erwähnten Hausthiere anführen, dass sich
im Durchschnitt der Preis eines Pferdes auf 20 — 30 Rubel, einer
Kuh auf 15, eines Schafes auf 2, einer Ziege auf 1—IV2 Rubel stellt.
Als wir Omsk am 24. April verliessen trug der Irtisch noch
seine Eisdecke, hatte dieselbe aber schon 2 Tage später gesprengt
und das schmutzig braune, trübe Wasser trieb mit grossen Eisschollen,
ohne indess dadurch ein besonders imponirendes Aussehen
zu erhalten. Aber die gewaltige Wassermasse, welche jetzt weithin
die Hfer überfluthete, gewährte an und für sich schon ein ganz
respectahles Bild, welches uns noch mehr erfreut haben würde, hätte
es uns nicht neue Wiederwärtigkeiten bereitet. Denn obwol unsere
Strasse längs dem oft an 30 Puss hohen rechten Ufer führte, so
hatten die vielen Regenschluchten, welche oft tiefe Einschnitte bilden,
auch hier zuweilen Ueberschwemmungen hervorgerufen. Und so
mussten wir zuweilen, die durch mit Erde angefülltes Flechtwerk
anstatt der Werstpfähle hezeichnete Strasse verlassen und grosse
Umwege machen, ja einzelne Stationen waren überhaupt nicht zu
erreichen. So z. B. die 14te, welche in einer Entfernung von
mehreren Werst gleichsam wie aus einem See hervorragte. Wir
hielten also auf der Steppe um frische Pferde zu erwarten, die denn
auch ankamen, ein Paar davon freilich in einer eigenthümlichen
Weise. Sie hatten sich nämlich losgerissen und stürmten mitsammt
dem Geschirr in die Steppe hinaus, ebenso eifrig verfolgt von den
kirghisischen Kutschern, denen es endlich auch glücklich gelang sie
einzufangeu. Nach dieser Hetzjagd hatten wir freilich nicht das
Durchgehen der Pferde, wozu dieselben so öfters incliniren, zu
befürchten, im Gegentheil es ging viel langsamer als uns lieb war.
Dazu trug allerdings auch der heftige Sturm bei, der sich inzwischen
aufgemacht hatte, und uns gelegentlich mit Schauem feiner Eiskristalle
überschüttete, die gleich Nadelspitzen ins Gesicht prickelten.
Wir sehnten uns daher nicht wenig darnach die nächste, nur
15 Werst entfernte, Station Tschernaretskaja zu erreichen. Nach
gewöhnlicher Berechnung hätte dies bequem in höchstens 11/2 Stunden
der Fall sein müssen, aber statt vielleicht gegen 5 Uhr trafen wir
erst gegen Abend 9 Uhr ein, und zwar hatten wir diesen Aufenthalt
unserem braven kirghisischen Jungen zu verdanken, der die Gepäcktarantass
leitete. Es galt nämlich durch eine kaum 40 Schritt breite,
durch Ueberschwemmung gebildete Lache zu fahren, in welcher die
Räder kaum bis zur Achse einsanken, wie wir deren schon so manche
passirt hatten. Dr. Brehm, der zuerst fuhr, war glücklich hinüber,
wir folgten und unser Rosselenker, ein kräftiger Kosak, deutete dem
Jungen an dasselbe Gleis zu fahren. Aber das Ei wollte klüger
sein als die Henne! Der Maltschik (Knabe) bog etwas mehr links
ab und in demselben Augenblick sank der Gepäckwagen bis über
die Nabe ein. Alles Einhauen auf die Pferde war erfolglos, der
Wagen blieb in den zähen schwarzen Letten wie festgebannt sitzen,
So musste denn unser Kosak absteigen um Hilfe zu leisten, machte
seinem Aerger zunächst aber dadurch Luft, dass er den unfolgsamen
jüngeren Collegen gründlich durchprügelte, was dieser als selbstverständlich
ruhig hinnahm. Graf Waldburg und mir waren inzwischen
die Zügel übergeben, und in der Ueberzeugung, dass der Gepäckwagen
jeden Augenblick flott gemacht werde, blieben wir ruhig
sitzen. Aber es kam anders, denn plötzlich fing das Deichselpferd,
dem das Stehen in dem Eissturme wol langweilig werden mochte,
an zu bäumen, die beiden anderen Pferde folgten seinem Beispiele,
machten plötzlich die scharfe Drehung die, wie wir schon von Jalu-
torowsk her wussten, allemal mit Umwerfen endet und eine Secunde
später lagen wir denn auch glücklich. Das Deichselpferd war dabei
unter die Gabel zu liegen gekommen und machte verzweifelte Anstrengungen
sich loszuarbeiten. Wir O O konnten daher froh sein mit
heilen Gliedern aus dem Wagen zu kriechen. Da zunächst unser
Gefährt wieder in Ordnung zu bringen war, die Gepäcktarantass
aber immer mehr nach links sank, so musste der Kirghise mit seiner
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