wissenschaftlicher Beziehung, als die wichtigsten Quellen gelten
müssen. Atkinson (1848) hat als kühner Tourist und Maler seine
Verdienste. Die überaus reichen Erfahrungen des trefflichen Radloff
scheinen leider noch nicht in zusammenhängender Form vorzuliegen,
werden aber jedenfalls viel Interessantes bringen. Alle diese Reisenden
drangen in die eigentlichen Hochgebirge, die Quellengebiete des Ob
und z. Th. Jenissei vor, während Pallas (1771), von Humboldt,*)
Rose und Ehrenberg (1829) und von Cotta**) (1868), in erster Linie
mit Untersuchung der Erzlagerstätten beauftragt, nur die westlichen
Bergwerksdistricte berührten, vom eigentlichen Altai also ungefähr
soviel kennen lernten als Jemand vom Riesengebirge, der bis nach
Schmiedeberg oder der Josephinenhütte gelangte. Dennoch sind den
genannten Gelehrten wichtige Aufschlüsse, namentlich in mineralogisch-
geognostischer Beziehung zu danken und ihre Mittheilungen werden
für immer bleibenden Werth behalten. Wenn es von Cotta sogar
unternimmt den „geologischen Bau des Altai“ (p. 67—109) zu
schildern, so konnte er dies nur auf die gründlichen Arbeiten von
Ledebour und namentlich Helmersen wagen, denn seine Schilderung
des Gebirges, wie er sie (p. 68) entwirft, passt nur auf die westlichen
Gebiete bei Kolywan, Schlangenberg, Riddersk und Syrjanowsk.
Wir konnten uns kaum 30 Stunden in letzterem Bergorte aufhalten,
sahen aber verhältnissmässig viel, wenn uns auch das anhaltende
Regenwetter, welches die Berge verhüllte, keinen Blick auf
„die herrliche Schweizergegend“, wie sich Humboldt***) ausdrückt,
gestattete.
und der angränzenden Länder Asiens“. 14. Bändchen 1848; hier auch (p. 157)
Bericht üher die Reise des Bergofficiers Semännikow nach der mittleren Katunja.
*) „Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere“. 2 vol.
Berlin 1837 und 1842. — Die berühmten Reisenden kamen von Bamaul, über
Kolywan, Schlangenberg nur bis Syrjanowsk und konnten im Ganzen nur 17 Tage
im Altai verweilen.
**) „Der Altai. Sein geologischer Bau und seine Erzlagerstätten“ (Leipzig 1871).
Der berühmte Freiberger Professor bereiste, wie die vorhergenannten Herren im
Aufträge des Kaisers Alexander die Bergwerkdistricte und berührte, mit Hinzufügung
von Sala'ir ungefähr dieselben Punkte, indem er nur bis Syrjanowsk kam.
Von den 2 Monaten, welche von Cotta im Altai verweilte, war er leider 5 Wochen
lang durch Krankheit an’s Zimmer gefesselt und konnte daher im Ganzen nur 21
Tage Reisen und Forschungen widmen.
***) „Im Ural und Altai. Briefwechsel zwischen A. v. Humboldt und Graf
Georg von Cancrin“ (Brockhaus 1869) p. 106. — „Vom Pochwerke aus hat man,
Nur kahle, unfruchtbare Berge, die sich zu ziemlicher Höhe
(von vielleicht 1500 bis 2000’) erheben, begrenzen das öde Thal,
welches von der Maglenka und Beresowka, die sich hier vereinigen,
durchströmt wird und die etwa 10 Werst unterhalb in die Buch-
tarma fallen. Syrjanowks (nach Ledebour 1475 Pariser Fuss, nach
Helmersen 1485 Fuss hoch) ist gegenwärtig ein ziemlich dürftig
aussehender Bergflecken, unter dessen Holzhäusern sich nur die
ungemein grossen und stattlichen der Bergofficiere auszeichnen. Es
besitzt ca. 1800 bis 2000 Einwohner, deren Zahl insofern wechselt,
als im Winter mehr Bergleute Beschäftigung finden und dann statt
400 wol 7—800 einfahren. Unter den letzteren befinden sich an
500 verarmte Kirghisen, die der eintretende Winter zwingt, von der
geliebten Steppe und den Heerden weg im Innern der Erde Zuflucht und
Unterhalt zu suchen. Zwei grosse Häuser sind für diese Arbeiter
errichtet, in welchen sie mit ihren Weibern wohnen und es kam
uns sonderbar vor, die Söhne der Steppe statt mit dem Hirtenstabe
und auf flüchtigem Rosse hier mit Schlägel und Eisen ausziehen zu
sehen. Die russischen Bergleute, etwa 200, zeichnen sich übrigens
weder durch Fleiss noch durch Sparsamkeit vor ihren kirghisischen
Collegen aus, obwol sie nach hiesigen Verhältnissen sehr gut gestellt
sind. Sie verdienen bei achtstündiger Arbeitszeit täglich bis zu einem
Rubel, kommen aber jährlich selten höher als auf 150 bis 200 Rubel,
weil sie selten mehr als 200 Tage im Jahre arbeiten.
Die vielen Festtage und die dann oft 8 Tage und länger anhaltenden
Saufgelage, wobei die Weiber, welche oft in Wahrer
Polyandrie leben, keineswegs eine untergeordnete Rolle -spielen, sind
Schuld daran. Von einem geregelten Arbeitsbetriebe wie bei uns,
kann also nicht die Rede sein und die Beamten, darunter ein bergmännisch
gebildeter Obersteiger und 5 Steiger, haben oft nicht wenig
zu thun, ihre Leute zur Arbeit zu bringen. Wir besahen mehrere
Schachte und Stollen, die alle sehr sorgfältig gezimmert schienen
und meine Gefährten fuhren sogar in der eigenthümlichen weissen,
an manche Feuerwehren bei uns erinnernden, Grubentracht ein.
Sie drangen dabei 15 Etagen (Läufe) oder 70 Lachter (ca. 436 Fuss)
das Thal der Beresowka hinab, die Aussicht in das Thal der Buchtanna und auf
das sich jenseits erhebende Cholsun-Gebirge, mit dem höchsten Berge Stolbowucha,
der sich in 17 einzelnen Hörnern erhebt, die mit Schnee bedeckt waren“. (Rose
I. p. 593.) So genossen die Reisenden wenigstens einmal den Anblick des Hochgebirges!