Hier verbrachten wir unter dem Geblök von Kleinvieh den Mittag.
Ein kirghisischer Flötenspieler gab uns dabei seine eigenthümlichen
Weisen zum Besten. Das Instrument war aus einem mit Darm
überzogenen, ausgehöhlten Stück Holz verfertigt, hatte ein Mundstück
aus Horn und war mit 3 Luftlöchern versehen, auf welchen
der kirghisische Apoll fingerte. Trotz der äusserst primitiven Cons truction
war die Verschiedenheit der Töne und des Gesummes, welches das
Instrument hervorzubringen vermochte, erstaunenswerth. Leider
wollte sich der Meister nicht von seinem Lieblingsinstrumente trennen,
obwol es wahrscheinlich aus seinen Händen hervorgegangen war.
An den Jurten fielen mir als neu eigenthümliche Vordächer
über demj Eingänge auf. Ich hielt sie anfänglich als gegen Regengüsse
angebracht, überzeugte mich aber bald, dass sie anderen Zwecken
dienten; nämlich als Trockenplatz für die Käse, welche bei den
Kirghisen unter dem Namen Kurt einen hervorragenden Theil der
Winterkost bilden. Die Milchwirthschaft ist ziemlich eigenthüm-
licher Art. Der sowol von Kühen, als Ziegen und Schafen-producirte
jedesmalige Vorrath wird zusammen in einen grossen ledernen
Schlauch geschüttet und in demselben, mittelst eines Stockespban
dem eine horizontale Holzscheibe befestigt, gebuttert. Das Product
heisst Sarmai. Die zurückbleibende Buttermilch, — Airan — ist
sehr beliebt nnd bildet eine Hauptnahrung der Kirghisen. Um Käse
zu bereiten wird halb Milch, halb Wasser genommen, zusammen in
einen Kessel geschüttet und bis zum Dickwerden abgedampft. Die
so entstandene Masse, Irkit genannt,' schmeckt, wie ich mich selbst
überzeugte, nicht übel. Sie wird in Säcke' gefüllt, mit der Hand
zu Kugeln geformt. So entstehen die genannten Käse, welche, wenn
sie mit Salz versetzt und steinhart getrocknet sind, sich den ganzen
Winter über halten. Gegen 4 Uhr Nachmittags machte ich mich
abermals hinter die Ulare, hörte sie zwar als ich die höchste mittlere
Gebirgsstufe erstieg, aber es gelang mir nicht, mich auf Schussweite
heranzuschleichen. Die Jagd ist eben in Folge der Terrainverhältnisse
zu schwierig, mühsam und ohne guten Hund meist erfolglos.
Dr. Brehm hatte indess Glück gehabt und wirklich eine
Ularhenne erlegt.*) So wenig günstig sich für mich die Aussichten
auf Ulare gestaltet hatten, um so herrlicher war die Aussicht, welche
*) Ein wahrer Glücksschuss! Wie Dr. Pinsch beim Abbalgen des Exemplares
fand, hatte es eben nur ein Schrotkom und zwar durch den Hals erhalten.
ich von diesem hohen Punkte genoss. Ich überblickte die Hochebene
Tschilikti, begrenzt von der ganzen Kette des Tarbagatai, bis
zum Knotenpunkt desselben, wo sich der Urkadschar nach Süd,
Mus-tau und Ssa-ur nach Ost abzweigen.
Als ich gegen Abend zum A-ul zurückkehrte, kam ich noch
zu einer interessanten Melkscene zurecht. Schafe und Ziegen waren
eben abgemolken und durften nun den Rest ihres Euterinhaltes den
angebundenen, kläglich blökenden und meckernden Jungen hingeben.
Im Galopp eilten sie mit tiefen Lockrufen zu ihren Sprossen und
nicht lange, so hatten die meisten Mütter dieselben gefunden, Nur
ein paar Schafe blökten vergeblich weiter: ihre Lämmer befanden
sich als Abendessen für uns brodelnd über dem Feuer!
Mein Jagdglück am anderen Tage (28. Mai) war leider dasselbe
als am vorhergehenden! Ich sandte einem plötzlich aufstehenden
sehr grossen Wolf einen Schuss nach, der ihm nur schnellere Beine
machte und traf eine ganze Kette Ulare. Eins der jungen, kaum
rebhühnergrossen Dinger, welche übrigens schon prächtig zu fliegen
verstanden, war mir zum Schiessen zu nahe, verschwand aber plötzlich,
wie in die Erde versunken, vor meinen Blicken und alles Suchen
blieb erfolglos. Ohne Glück ist eben Ularen gegenüber nichts zu machen
und auch Dr. Brehm, der wenigstens mehrmals zu Schuss kam, fehlte
dasselbe heut. — Wir quälten uns auf so grässlichen Pfaden zu Fuss
weiter, dass selbst die Kirghisen abstiegen um uns die Pferde auf
weiten Umwegen wieder zuzuführen. Nur ein Kosak folgte Dr. Brehm
unverdrossen; erst im Sattel und dann als dies unmöglich war sein
Pferd am Zügel führend.
Der Weg über die Geröllhalden zur Thalsohle war auch für
Fussgänger kein angenehmer. Ich lernte o o o dabei die verschiedenen
anstehenden Felsarten: Porphyrtuff, Thoneisenstein, Diabas kennen
und halte darnach den vulkanischen Ursprung der Manrakberge für
möglich. Tief eingeschnittene Thäler, enge Schluchten, steile, direct
mehrere hundert Fuss von der Thalsohle ansteigende Hänge, einzelne
Felskegel und schöne Felspartien, wechseln in buntem Gewirr ab.
Häufig bilden weisse Quarzadern im Gestein abwechselnd weisse,
grüne und rothe Bänder, was ungemein effectvoll wirkt. Die an
manchen Stellen ziegelroth gefärbten Vorberge, bestehen aus weissem
und gelben Sand und Mergel. Diese Vorberge haben auch eine von
von den Kirghisen benutzte eisenhaltige warme Quelle aufzuweisen.
Entsprechend der Wasserarmuth des Gebirges welches zur Zeit unseres