vor der Thür standen, war ein so urkomischer, dass man ein herzliches
Lachen nicht unterdrücken konnte.
Inzwischen waren auch die Jäger (am Nachmittäg des 29.)
zurückgekehrt und brachten einige wenige "Vögel mit, darunter einen
Ular, den Dr. Brehm so glücklich gewesen war zu erlegen.
Ich verdanke der Güte von Graf Waldburg folgende Schilderung
des interessanten Ausfluges.
„Nach sorgfältiger Rücksprache mit Major Tichanoff und dem
jagd- und thierkundigen Herrn Hachloff entschlossen wir uns einen
Ausflug nach den Monrakhergen zu unternehmen. Das sichere Versprechen
eines erfahrenen kirghisischen Jägers uns das interessante
Steinrebhuhn, den Ular der Kirghisen, wenn auch nicht zu Schuss
so doch wenigstens zu .Gesicht zu bringen, gab den Ausschlag.
Unsere Geduld möglichst bald aufzuhrechen, wurde indess auf eine
sehr harte Probe gestellt, denn wir mussten an 4 Stunden warten
ehe es gelang 6 Pferde für 2 Tarantassen aufzntreiben und so konnten
wir (Dr. Brehm, Dr. Pander und ich) erst gegen 9 Uhr bei fast
völliger Dunkelheit Säissan verlassen. Wie im Fluge ging es auf
der uns schon bekannten Poststrasse, die nach Kokbekti führt weiter.
Aber schon kurz vor der ersten Station, dem Piket Kara-Bulak ver-
liessen wir dieselbe und fuhren auf wegeloser Steppe in eben nicht
angenehmer Weise bis 11 Uhr, wo wir einen Kirghisen-A-ul erreichten.
Die Bewohner des A-ul Hessen sieh auf Zureden von
Beludschi, einem kirghisischen Schullehrer, den uns Major Tichanoff
vorsorglich als Dolmetscher mitgegehen (und der uns später auch
bis Mai-tjerek begleitete), ohne jede Missfallensäusserung sogleich
bereit finden, eine Jurte zu räumen. Nicht ganz so erfreut über
die nächtlichen Eindringlinge schienen die Zicklein und Kälber,
etwa 20 an der Zahl, welche bisher warmes Obdach in der Jurte
gefunden hatten. Sie hinterliessen uns nicht allein die, auf die
Geruchsnerven so kräftig wirkenden, ammoniakalen Ausdünstungen,
sondern bekundeten ihr ernstes Missfallen auch durch anhaltendes
klagendes Blöcken und Meckern.
Wir hatten daher kaum ordentlich zu schlafen versucht, als
mit Sonnenaufgang nach 3 Uhr schon wieder die Tarantass bestiegen
wurde. Nach kurzer, etwa dreistündiger Fahrt erreichten wir einen
A-ul, dessen Besitzer, ein Sultahn, bereits Pferde für uns parat hielt.
Wir sprangen in die Sättel und trabten, geführt von den kirghisischen
Jägern, einem alten ehrwürdigen Greis und seinem in voller Manneskraft
strahlenden Sohne und 2 Kosaken, die uns Major Tichanoff
schon von Saissan mitgegehen, fröhlich den Bergen zu. Es dauerte
nicht lange und wir waren mitten darin. Ueber steinbedeckte Anhöhen,
durch enge Felsenschluchten und romantische Thäler zogen wir von
Höhe zu Höhe. Alpendohlen, Steinröthel und vor Allem die nichts
weniger als scheuen Steinhühner (Perdix chucor) reizten die Jagdlust,
aber der Gedanke an die königlichen Steinrebhühner, oder
„Königsrehhühner“, wie sie Brehm nennt, unterdrückte dieselbe.
Nach 2 ständigem Ritt machten die Führer Halt: wir waren an den
Standorten des Ular angekommen! Während Dr. Brehm mit dem alten
Kirghisen links weiterzog, wandten Dr. Pander und ich uns unter
der Führung des jungen rechts in die Berge, oder Hessen vielmehr
unsere Pferde gleich die nächsten Hänge erklettern. Herrliche Weiden
mit alpinem Kräuter- und Blumenschmuck, wechselten mit chaotischen
Geröllhalden ah und als wir die Höhe des Kammes erreicht hatten,
belohnte uns ein wunderbarer Fernblick. Im Norden weit über die
Ebene des Kara-Irtisch hinweg kam die noch schneebedeckte Kette
des Südaltai zum Vorschein,» im Nordwesten glänzte ein weit ausgedehnter
Wasserspiegel: der Nor-Saissan mit dem jetzt überschwemmten
Gebiet des Kara-Irtisch und Kenderlik; im Osten erhoben
sich die schneeigen Kuppen des Ssa-ur, im Westen zeigten
sich die Vorberge des Tarbagatai: der Kergen- oder Kirkine-tau;
im Süden versperrte die vorliegende und zugleich höchste Kette des
Manrak den Blick!
Wol hatten wir schon öfters Steinhühner aufgescheucht, aber
vergebens nach Ularen gespäht! Da auf einmal ertönten, weithin
vernehmbar, ihre eigenthümlichen Lockrufe, ein heiseres „uh-lui“ oder
„uh-luir“, dem der Vogel seinen Namen verdankt. Zwar sah ich
den begehrten Rufer, aber ehe noch daran gedacht werden konnte
zu schiessen, war er bereits abgestrichen. Mein kirghisischer Begleiter
versuchte den Vogel zu verfolgen und sich an ihn heranzuschleichen,
fehlte aber wegen zu grösser Entfernung. So wandten
wir uns der zweiten Bergstufe zu! Hier Hessen sich mehrere Ulare*)
vernehmen; da wir aber bemerkten, dass Dr. Brehm auf sie fahndete,
so gingen wir weiter nach einem bereits bezogenen Sommer-A-ul.
*) Meine Lebensbeobachtungen über diesen interessanten Hühnervögel werden
in der von Dr. Finsch' bearbeiteten Ornithologie des wissenschaftlichen Theiles
erscheinen.
F in s c h , Reise. I. •