Diese Beinplatten durch eine zierlich geflochtene Lederschnur verbunden,
werden mittelst dieser um die Geweihbasis befestigt. Dabei
führt eine Schnur unter dem Kehlkopf weg, während einer der
gekrümmten Beinknochen, an welchem der Leitstrik, mittelst eines
messingenen Drehklobens (ostiak. Sorneluit oder Uschkelkarti) verbunden
ist, an der Basis des linken Geweihs ruht. Durch das Anziehen
der Leitschnur, die meist sehr hübsch aus Rindsleder geflochten
ist, drückt der krumme Knochen auf die Schläfe und bewirkt
so die Lenkung. Gut dressirte und eingefahrene Leitthiere, denn
nur das links in der Reihe den übrigen etwas vorausgespannte Ren
wird gelenkt, folgen der Leine so leicht als das weichmäuligste
Pferd dem Gebiss. Beim Anziehen des Leitseils biegt das Thier nach
links, wird ihm dasselbe links an den Leib geschlagen, so wendet
es rechts, bei anhaltendem Anziehen bleibt es stehen. Die übrigen
Thiere des Gespanns folgen dem Leitthier, auf welches es also besonders
ankommt, und dass daher oft verhältnissmässig sehr viel,
bis 15 R. und mehr kostet. Die Art des Anspannens gestattet
übrigens nicht ein plötzliches Wenden, vielmehr kann dies nur im
weiten Bogen geschehen; es sei denn, dass der Kutscher selbst den
Schlitten und das Gespann umwendet. Zum Antreiben bedient man
sich eines 12 bis 16 Fuss langen, sich nach der Spitze zu allmälich
verjüngenden Leitstockes, (ost. Unding-Su; sam. Harej) der oft aus
2 und mehreren Stücken besteht, die sehr accurat nach Art der
Billard-Queue eingesetzt und verleimt sind. Die Spitze des Stockes
bildet ein Knopf aus Bein, mit welchen die Thiere sanft in die
Seiten gestossen werden. Die Basis des Leitstockes endigt in ein
fusslanges speerartiges flaches Eisen, (ost. Undi) von roher russischer
Arbeit, welches dem Ganzen das Ansehen einer Waffe verschafft.
Doch hat dasselbe nur friedliche und practische Zwecke, indem es
in die Erde gesteckt dazu dient, das Gespann anzubinden, oder den
Schlitten zu hemmen oder in die Schlittensohle gestossen beim
Durchfahren von Flüssen als Halt des aufrecht stehenden Kutschers.
Der Letztere, welcher gewöhnlich seitlich rechts, mit untergeschlagenen
oder herabhängenden Beinen, auf dem Schlitten sitzt, lenkt
mit der Rechten und regiert mit der Linken den Leitstock. Den
Zug eröffnet gewöhnlich der geschickteste Kutscher mit dem besten
Drei- oder Viergespann, welcher vorausfährt um Uebergänge über
Flüsse und durch Moräste zu sondiren, überhaupt den besten Weg zu
suchen. Ihm folgt gewöhnlich eine Troika mit einem Kutscher,
an dessen Schlitten die Zugthiere des nächstfolgenden mittelst
eiserner Ketten oder Riemen befestigt sind u. s. w., so dass ein Zug,
(sam. Arjum od. Arjish) oft aus 10 Schlitten und mehr besteht.
Mit einem solchen Zuge geht es natürlich nicht schnell vorwärts,
da die Thiere im Sommer sehr bald ermüden, schweisslos, • mit geöffnetem
Maule wie gehetzte Jagdhunde röcheln und sich gern niederzulegen
pflegen. Es muss daher alle viertel oder halbe Stunden,
eine oder ein paar Minuten angehalten werden, damit die Thiere
verschnaufen können. Ueberdies treten sie häufig über den Zugstrang
oder derselbe klemmt sich zwischen den Hufen, was den Zug
immer zum halten bringt, zumal wenn, was nicht selten geschieht,
eins der Thiere stürzt, also leicht in Gefahr kommt, erwürgt zu
werden.
Das Renthier läuft im Anspann mit gesenktem Kopfe, der gewöhnlich
seitlich gehalten wird, weil sonst die Geweihe oft in einander
haken. Es geht dabei niemals Galopp, sondern einen leichten
Trab, der bei den langen Schritten des Thieres, welches dabei die
Hinterbeine weit auseinander wirft, sehr fördert. Wir hatten im
leichten Schlitten , ‘ohne Gepäck und je mit 3 Ren fahrend, bei
kühler Witterung zu der Strecke von etwa 10 Werst 4 Stunden
gebraucht, was als befriedigend betrachtet wurde. Natürlich kommt
es ganz auf die Beschaffenheit des Weges an. Auf sandigen, steinigen
oder Lehmboden sind 12—15 W. schon eine Tagereise und
dabei dürfen für 2 starke Renochsen nicht mehr als 4 Pud (c. 130
Pfund) geladen werden. Auf Moos- oder Zwergbirken -Tundra
gleitet der Schlitten sehr leicht dahin und dann können bei 6 Pud
Fracht, 24—25 Werst im Tage zurückgelegt werden, namentlich
wenn eine genügende Anzahl Zugthiere zum Wechseln vorhanden
sind. Diese Angaben, welche sich auf unsere eigenen Erfahrungen,
sowie die von Schrenk und Hofmann stützen, stehen sehr in Widerspruch
mit Kohn (Sibirien p. 139), der die Schlittenladung zu 25
Pud (8 Centner) angiebt, was entschieden übertrieben ist, denn dafür
würden schon die Schlitten viel zu schwach sein. Ganz anders
verhält es sich natürlich im Winter, wo das Ren, frei von Mücken,
Bremsen und Hitze, so recht eigentlich zur Geltung kommt und
wahrhaft unübertrefflich zu sein scheint. Man kann dann auf 2
Renochsen bis 15 Pud (480 Zollpfund) Ladung rechnen. Nach
meinen Erkundigungen soll das Ren bei guter Bahn leicht in der
Stunde 15—20 W., in einem Futter über 100 Werst zurücklegen,