ein paar Tagen bankerott und sich selbst aus dem Staube gemacht
hatte. Aus der verwaisten Künstlerschaar machten wir die Bekanntschaft
eines Franzosen, Paul B . . . u, der uns in fliessendem Deutsch
seine Lebensgeschichte zum Besten gab. Da er mich bat dieselbe
zu veröffentlichen, sogar seinen Namen mit genannt wissen wollte,
so gehe ich sie in Kürze wieder, denn sie ist die eines von schweren
Schicksalen heimgesuchten Mannes, ln Russland geboren, war Paul
Offizier gewesen und hatte den Krimkrieg ehrenvoll mitgemacht.
Liebeshändel auf einem Balle brachten ihn mit einem höheren Beamten,
einem Ispravnik, in Streit, der damit endete, dass der heiss-
blütige Franzose seinem Gegner einen Schlag versetzte, der mit der
Brille zugleich das Auge zerstörte. Dies brachte ihn um seine
Stellung. Degradirt', seiner Decorationen beraubt, musste Paul als
ein wirklich „Unglücklicher,“ inmitten notorischer Verbrecher, die
den feinen jungen Mann nichtswürdig behandelten, ihm z. B. auf
der Barsche im Schlafe die Stiefeln, sein letztes Paar', von den
Füssen schnitten, nach Sibirien ziehen. Mit einem Baarvermöogen
von 7 Kopeken erreichte er Tobolsk. Hier hiess es nun, wie üblich:
„Hilf dir selber!“ Aber was anfangen? Der französischen und
deutschen Sprache vollkommen mächtig, konnte ihm diese Kenntniss
auch nicht den bescheidensten Unterhalt erwerben, doch gewährte
ihm die Gastfreundschaft der Sibirier sein Leben zu fristen. Aber
was für ein Leben? Als daher eines schönen Tages eine Schauspielergesellschaft
ankam meldete er sieh bei dem Director frischwecrD
als — erster Held und wurde angenommen. Freilich bemühten
sich die Collegen den Eindringling zu stürzen, und als er das erste
Mal die Bretter betretend ängstlich nach dem Souffleur horchte,
schwieg dieser gänzlich — er war betrunken gemacht! Aber unser
Held wusste sich wirklich heldenhaft durchzuarbeiten und es glückte
ihm. Er wurde der Liebling des Publikums und erntete überall
Beifall, namentlich in Irkutsk, wo die Kunst in Sibirien offenbar
am meisten in Blüthe steht. Dort lernte er auch seine jetzige
Lebens. gefä'h rtin kennen und bat sie uns vorstellen zu dürfen. O. löga
Nicolajewna war ein reizendes Bauernmädchen, das Pani in irgend
einem Dorfe entdeckt und die sich bereit erklärt hatte ihm zu folOg en,'
auch ohne priesterlichen Segen, ein Verhältniss über welches inan
in Sibirien sehr mild urtheilt. Sie liebte ihn eben und ihr ganzes
Leben war nur seinem Wohle gewidmet. So hatte sie ihn in langer
Krankheit nicht nur gepflegt, sondern auch mit Handarbeiten, in
Frisch:Reise 'i. W.Sibirien. u4bb.56.