Aryk genannt, ohne welche der Landbau überhaupt unmöglich sein
würde, haben die Kirghisen offenbar von ihren üeissigen Nachbarn,
den Chinesen gelernt. Doch wurde derselbe bereits ganz in derselben
Weise betrieben, ehe sich Kirghisen hier niederliessen. Die
Kosaken lernten später wiederum von den Kirghisen.
Die fleissigen Ackersleute waren von einer grossen Anzahl
Lachmöven (Larus ridibundus) umkreist, die unmittelbar hinter dem
Pfluge folgten um Larven und Regen würmer aus dem frisch aufgeworfenen
Erdreich aufzulesen.
Unter den Völkern der Dsungarei beschäftigen sich Kalmücken
und Kirghisen am wenigsten mit Ackerbau. Ohschon die
Ernte an reichlich bewässerten Stellen eine gute (15—20 und 30
Korn) ist, so reicht die Production, welche sich auf den Anbau
von Weizen, Gerste und Hirse beschränkt, doch noch bei Weitem
nicht für die Bevölkerung aus. Nach Wenjukow betreiben von
10,000 Kirghisen-Familien des Kreises Saissan nur 950 Landbau und
verbrauchen den Ertrag allein. So ist es erklärlich, dass trotzdem
an Ausfuhr nicht gedacht werden kann, die Preise doch verhält-
nissmässig hoch sind.
Gegen 3 Uhr Nachmittags langten wir bei ein paar Jurten anv
wo uns mehrere kirghisische Grosse erwarteten, um den Obristlieutenant
zu begrüssen. Bei dem unfreundlichen Wetter sehnte
sich Jeder nach einem Glase warmen Thees, aber die Bereitung
desselben machte in so fern Schwierigkeit, als es an Brennmaterial
fehlte. Neben unansehnlichen Sträuchlein der Spiraea musste daher
trockener Kuh- und Pferdemist (kirgh. Tisek) herhalten und dass
derselbe weder in der Jurte einen angenehmen Geruch verbreitete,
noch das Aroma des Thees erhöhen half, lässt sich begreifen. Ebenso
schwierig als die Bereitung des letzteren, zeigten sich die Pferde.
Nur mit Mühe gelang es sie einzuspannen, nachdem das eine, trotz
den energischen Anstrengungen von 5 Männern sich losgerissen hatte
und sammt dem Geschirr durchgebrannt war. Das Ungestüm der
Thiere wurde aber bald gebrochen, als wir aus der mit Rhabarber
und Schirling bestandenen Kräutersteppe, in der die Zwergtrappe
(Otis tetrax) eine häufige Erscheinung war, in jene salzhaltige mit
Rohr bewachsene Strecke, Aitaktyn-Karakum genannt, gelangten,
welche offenbar als das frühere Bett des Verbindungsarmes zwischen
dem Sassyk-Kul und Balchasch zu betrachten ist. In den von einer
mehr als 3 Linien dicken weissen Salzschicht überzogenen zähen
Letten sanken die Pferde bis an die Fesseln ein und ihre Hufe
überschütteten uns mit einem ununterbrochenen Hagel von salzigen
Lehmklumpen. Dabei verging ihnen die Lust des Ausreissens, denn
sie hatten alle Mühe' sich selbst und die Wagen durchzuarbeiten.
Als es zu dunkeln anfing gelangten wir in ein dichtes Röhricht und
hielten gegen 8‘/2 Uhr an der Furt Kutje-Maldy (Hüftennass), der
nordwestlichsten Ecke des Sassyk-Ala-Kul, oder dem westlichen
kleinen Ala-Kul.
Hier standen bereits zwei Jurten fertig in denen wir uns,
nach dem üblichen in Hammelfleisch und Pilläf bestehenden Mahle,
vergnügt zur Ruhe legten. Für gutes Wasser zum Thee war ebenfalls
Sorge getragen, indem ein schnell im Ufersande gegrabenes
Loch sich allmälig mit solchem füllte. Diese Methode sich Tnnk-
wasser zu verschaffen, ist, wie anderwärts, allen Steppenbewohnern
bekannt. Doch liefert nur Sandboden in unmittelbarer Nähe der
Seen süsses Wasser und dasselbe hält sich nur kurze Zeit. Etwas
abgestanden bekommt es den saleig-bitteren Geschmack wie die
meisten Steppenbrunnen (Kuduk) oder Wasser, welches durch die
salzhaltigen (atschi) Letten gedrungen ist.
Als ich am Morgen (9. Mai) erwachte, begrüssten mich die
nichts weniger als melodischen Klagelaute des Kameels, ein Zeichen,
dass dasselbe bereits beladen wurde. Aber auch andere erfreuliche
Stimmen drangen in mein Ohr: das Geschrei von Möven und Seeschwälben,
welches zuweilen den Gesang von Rohrsängern übertönte.
Da hiess es denn schnell aufspringen; als ich aber mit dem
Gewehr in der Hand vor die Hütte trat, wurde mein Jagdeifer gar
sehr herabgestimmt, denn vom „bunten See“ war nichts zu sehen,
derselbe vielmehr durch das undurchdringliche ungemein hohe
Röhricht seines Gestades verdeckt.
Nicht weit von den Jurten war, gleich einer breiten Strasse,
das Röhricht abgehauen. Hier sollte die Furt sein, in welche die
Pferde getrieben wurden, um die Tiefe derselben zu erproben. Da
die Thiere diese Recognoscirung nicht freiwillig machen wollten,
so entkleideten sich mehrere Kirghisen um sie anzutreiben, was zur
Folge hatte, dass einzelne Pferde in’s Röhricht gingen und hier nur
mit grösser Mühe aus dem unergründlichen Schlamme herausgeschafft
werden konnten. Wir hatten dabei Gelegenheit Vergleiche
über die Körperfarbe der Kirghisen zu machen, und fanden dieselbe
weit weniger dunkel, als man nach den sonnverbrannten Gesichtern