zontalen Querscheibe aus Birkenrinde versehen sind. Die Ostiaken
brachten mir auch die Haut eines fast rattengrossen Nagers, Mönch
genannt, der als „langschwänzig“ beschrieben wurde, sich aber
später als mit unserer Wasserratte (Hypudaeus amphibius) identisch
erwies, ár
Von Reptilien erhielt ich nur einige wenige Grasfrösche (Rana
temporaria) und zwar in ganz jungen Exemplaren.
Auch Mücken gab es noch, wenigstens an sonnigen Tagen,
aber die Plage erschien doch erträglich, da sie gegen früher in
kaum nennenswerther Zahl auftraten. Beim KapiteL der „Quäl-
insekten“ will ich gleich einer .anderen lieblichen Erscheinung
hiesiger Länder gedenken, welche nach Ende August und im September
die Heerschaaren der Mücken gleichsam ablöst und die wir
hier noch antrafen. Es sind dies sehr kleine weisse Fliegen (Bibio
sanguinarius Pall.), die gefürchteten Moschki der Russen. Sie
haben die unangenehme Gewohnheit, einem in Nase, Ohren und
namentlich in die Augen zu fliegen, stechen auch dabei. Die ersten
Moschki beobachtete ich am 17. August.
Sonst war das Insectenleben äusserst arm. An einzelnen sonnigen
Tagen (das Thermometer zeigte noch am 12. September zu Mittag
16° R.) Hessen sich Schmetterlinge (Vanessa antiope, urticae und
c. album) sehen, am häufigsten war Diplax sotica, ein Netzflügler,
der auch im gemässigten Europa, sowie im arctischen Nordamerika
vorkommt. Es mag bemerkt sein, dass an einigen Niederlassungen
die Ostiaken Bienenzucht betreiben und Stöcke aus Birkenrinde an
Bäumen aufhängen. — Am Nachmittage des 18. September trafen
wir an dem malerisch auf dem hohen rechten Ufer gelegenen
Kloster Kondinsky ein, welches aus etwa 20 Holzhäusern besteht
und eine grosse, nicht unschöne Klosterkirche besitzt, die einzige
aus Ziegeln erbaute von Bereosoff bis Tobolsk. Sie wurde 1731
erbaut, das Kloster aber, und die erste Holzkirche schon 1656 unter
dem Zar Alexei Michailo witsch II. gegründet. Während meine
Collegen in den nahen Wald auf die Jagd eilten, ging ich unter
Assistenz des jungen, freundlichen Postmeisters ins Dorf, und zwar
zuerst nach dem Kloster, weil wir dort alle gewünschten Lebensmittel
erhalten sollten. Dasselbe war leider ausgestorben. Die
Herren Geistlichen befanden sich nämlich auf den Heuschlägen und
sollten erst gegen Abend zurückkehren. Wir versuchten daher
unser Heil anderswo,- aber erfolglos. Zwar, wurde uns der. Verkauf
eines Schafes als möglich in Aussicht gestellt, allein der Hausherr
wagte ohne seine bessere Hälfte nicht zu entscheiden, und diese
war leider abwesend. Als sie endüch kam entschloss sie sich nur
mir einen Schinkenknochen käuflich zu überlassen, auf den ich
verzichtete.
Im Begriff nach der Lotka zurückzukehren, kam ein Mönch
mit der Einladung ins Kloster, wo wir von Bruder Benedict, dem
Stellvertreter des Abtes (Igumen) und Vorsteher, freundlich empfangen
und bewirthet wurden. Unter Anderem gab es Salzgurken; eine
wahre Delikatesse für diese Gegend! Er hatte auf einen längeren
Aufenthalt unsererseits gerechnet und in dem grossen. geräumigen
Klosterhause, in welchem sich zugleich die Schule befindet, bereits
Zimmer herrichten lassen. Nachdem ich ihm unsere Wünsche vorgestellt,
war er sogleich bereit, dieselben zu erfüllen und indem er
die Kälber zusammentreiben liess, bat er mich eins auszuwählen.
Freilich dauerte es lange, bis das Kalb geschlachtet und die übrigen
Vorräthe: Brod, Eier, Milch, Butter ete. zusammengebracht waren,
so dass es Abends 9 Uhr wurde, ehe ich zur Lotka zurückkehren
und wir die Reise fortsetzen konnten, aber ich hatte den Aufenthalt
nicht zu bedauern. Bruder Benedict, ein sehr gebildeter und
vorurtheilsfreier Mann, erzählte viel von dem beschwerlichen Leben,
welches die, dem Orden des heiligen Hieronymus angehörenden
Mönche hier zu führen hatten. Abgesehen von praktischer Thätig-
keit, als Heumachen, Fischfang,*) der sie sich wegen Mangel an
Leuten widmen müssen, bleiben ihnen, ausser der Erfüllung ihrer
Ordensregel, noch Schule und Mission als Berufspflichten übrig.
Und beides ist in der Ausführung sehr schwierig. Bruder Benedict
vermochte die Schule, selbst für Russen, nur dadurch in Gang zu
bringen, dass er für die Schüler Bücher und SchreibmateriaUen
unentgeltlich lieferte. Von seinen Winterfahrten im Missionswerke
wusste er schauerliche Erlebnisse zu erzählen. Die Ostiaken, obwol
längst „gute Christen1’, verabsäumen es öfter, ihre Kinder, wenn
sie noch klein sind, taufen zu lassen. Passirt es dann, dass so ein
Kind krank, schwer krank wird, dann eilt der Vater zum Kloster
*) Als Seitenstück zum Fleiss dieser Mönche, beschreibt mir Graf Waldbnrg
die Thätigkeit in einem Nonnenkloster zu Jekaterinenbnrg, welches er zu besuchen
Gelegenheit hatte. Dasselbe zählt 500— 600 Bewohnerinnen, die sich mit Malen
von Heiligenbildern und Portraits, Wachskerzenfabrikation und Unterricht, also
ebenso nützlich als erspriesslich, beschäftigen.