strenge Grenze nicht wol ziehen liess. Nächst Archangelsk (13938
Qu.-Meilen) ist übrigens Perm seinem Flächeninhalte nach das grösste
Gouvernement Russlands und mit seinen 6032 Qu.-Meilen fast so
gross als Preussen (6326 Qu.-Meilen), doch zählt es nur 2,198,000
Einwohner, während Preussen an 25 Millionen besitzt.
Gegen 2 Uhr sahen wir vom letzten Höhenrücken aus Jeka-
terinenburg vor uns liegen. Ausgedehnt gebaut wie alle sibirischen
Städte, macht es mit seinen grünen Dächern und 6 stattlichen Hauptkirchen
einen sehr malerischen Eindruck, der auch erhalten bleibt,
, wenn man das Innere betritt. Namentlich hübsch erscheint die
Partie da wo der Fluss Isset, welcher die Stadt durchströmt, sich
seeartig ausbreitet. Hier sieht man eine Insel mit Vergnügungslocalen,
die in der schönen Jahreszeit, wie die ganze Umgegend
reizend sein muss.
Für uns war das zwar noch nicht vollendete, aber sehr comfortabel
eingerichtete Hötel l’Europe besonders anheimelnd, und wir würden
mit noch mehr Wehmuth aus ihm geschieden sein, hätten wir schon
damals gewusst, dass wir hier zuletzt in güten Betten schlafen sollten.
Die Strecke von Perm bis Jekaterinenburg beträgt 365 Werst
(ca. 52 deutsche Meilen), die 49 Stunden Zeit gekostet hatten,#was
bei dem schlechten Wege ziemlich befriedigen durfte.
II. Kapitel.
Durch die Ischim-Steppe.
(Jekaterinenburg bis Omsk.)
Die Hauptstadt des Ural. — Uralische Gesellschaft. — Sehenswürdigkeiten. —
Kaiserl. .Steinschleiferei. — Fischmarkt. — Festmahl zu Ehren der deutschen
Eeisenden. — Abreise.— Schwieriges Fortkommen zu Wagen. — Grosse Dörfer. —
Kornmagazine. — Gefängniss-Etappen. — Kamyschlow. — Grenze Sibiriens. — Der
Ispravnik von Tjumen. — Sibirische Gastfreundschaft. — „sakusit“. — Koltschin
und Ignatoff. — „Iwan Iwanowitsch“. — Gefängniss. — Deportirte, — „Katorschniks“.
Sträflingskinder. — Weibliche Verbannte. — Kurze Betrachtung über das Deportationswesen.
— Waisenhaus. — Wardrapper. — Juchtengerberei. — Teppichfabrikation.
Bnchdruckerei. — Die Stadt Tjumen. ' Wichtigkeit als Verkehrscentrum. —
Irbit-Messe. — Kanonikoff. — Abreise. — Schlechter Weg. — Jalutorowsk. —
Waldschnepfenjagl. — Am Tobol. ’¿h'-*'Anstand auf Adler. ~ Ein schwäbischer
Landsmann. — Deutsche Colonien an der Wolga. — Unfreiwillige Ansiedler. —
Beschreibung der Stadt. — Unsicherheit. — „Tarakans“. — Ostergottesdienst. —
Fasten. — Osterimbiss. — Ueber den Tobol. — Frühlingsboten. — Gegend. —
Grundlose Wege. — Ischim. — Bedeutender Jahrmarkt.— Nordische Wandergäste. —
Birkwild auf der Strasse. — „Wölfe in Sicht“. ' Schädlickeit des Wolfes. —
Strassenverkehr. — Tjukalinsk. — Handel mit Vogelfellen. — Ueber den Irtisch. —
Gute Steppenfahrt. — Steppenhrand.
Jekaterinenburg die Hauptstadt des Ural*) zählt, wie uns gesagt
wurde, an 30,000 Einwohner (nach dem St. Petersburger Kalender
von 1876 25,133), besitzt grosse, breite, leider noch ungepflasterte
Strassen, hübsche, sogar schöne Häuser, meist aus Ziegeln und eine
Menge stattlicher Gebäude, darunter ein Theater, ein grosses Nonnenkloster
und viele Kronsanstalten. Dazu gehören zunächst die Goldschmelzerei
und die grossartige O ö Kaiserliche Steinschleiferei. Die
*) Nach J. G. Gmelin wurde die Stadt 1723 angelegt und hatte zu seiner
Zeit (1742) schon 460 Häuser (Beise IV. p. 387). — Richtiger wol „Jekaterinburg“
oder verdeutscht „Katharinenburg“ zu schreiben,