künstlich angelegten Schläge (Ploehi) sind aber an der Wasserseite
mit einer wohl 60—70 Fuss hohen und an 70—100 Fuss breiten,
an den begrenzenden Bäumen befestigten Netzwand bestellt, welche
beim Hineinfliegen der ziehenden Enten, die diese Strassen gern
benutzen, herabfällt und sie so zu Gefangenen macht. Diese Fangmethode
findet während der Zugzeit vom 8. bis 15. Mai und vom
15. August bis zum October statt. Sie ist dann namentlich während
der Früh- und Abendstunden ergiebig, sowie bet mondhellen Nächten
aber auch Tags über. Selbst dann wird der Entenfänger, welcher
wenige Schritte von der Netzwand ohne besonderen Schutz oder
Bedeckung frei sitzt, von den Enten nicht gesehen. Zuweilen werden
in einer Nacht in einem Netze 50 Enten gefangen. Nicht selten
gerathen Kraniche und Schwäne in’s Garn, weniger zur Freude
des Fängers, da sie das Netz meist zerreissen. Der Ostiake tödtet
dann die Enten auf sehr einfache Weise, indem er ihnen mit den
Zähnen das Genick zerbricht. Die grosse Masse der auf diese
Weise erbeuteten Enten dient, im Rauche des Tschum getrocknet,
daher wenig appetitlich aussehend, als Wintervorrath. Poljakoff
war zugegen als 100 Enten in einem solchen Netze gefangen wurden,
versicherte aber, dass die Beute oft ein paar Hundert und mehr
betrage. Hoffmann giebt (p. 48) eine Abbildung dieser Fangmethode,
welche nicht blos am Ob, sondern auch anderwärts in
Sibirien angewendet und schon von Pallas (2 p. 403. 3 p. 92) ausführlich
beschrieben wird. Durch letzteren Forscher erfahren wir
auch, dass der Entenfang an einigen Orten mittelst Schlingen erfolgreich
betrieben wird. Die sibirischen Bauern pflegen diese
Schlingen (Plenizi) mit Wermuth zu räuchern, um sie „vor bösen
Augen1- zu schützen, ein Aberglauben, den man Ostiaken ohne
Zweifel sehr zum Yorwurf machen würde.
Es wimmelte übrigens von Enten, denselben Arten wie wir
sie schon p. 358 kennen lernten, aber sie blieben wie immer scheu.
Doch gelang es meinen Gefährten bei manchen Ausflügen an ein
Dutzend Stück heimzubringen; ausserdem waren genug von den
Eingebörnen das Stück für 3 bis 5 Kop. zu kaufen.
Die Schwärme ziehender Gänse und Kraniche hielten sich stets
in unnahbarer Feme und wussten ihre Nachtquartiere so geschickt
zu wählen, dass sie allen Verfolgungen spotteten. Gänse erschienen
zuweilen in enormer Anzahl; so schätze ich einen Flug, den wir
später (25. September) bei Belo Gore antrafen auf mindestens
3—4000 Stück; es donnerte förmlich als die Schaar aufflog. Von
Kleingevögel waren es namentlich die nach Hunderten zählenden
Wanderflüge von Zwerg- und Temmincks-Strandläufern (Tringa
minuta und Temmincki) und Halsband-Regenpfeifern, welche zur
Belebung der Landschaft beitrugen. Später gab es Hunderte von
Alpenlerchen (Otocoris alpetris).
Die Scenerie längs des kleinen Ob auf dem unsere Weiterreise
führte oder seinen Nebenarmen (Protoki) bot fast ausnahmslos dasselbe
Bild. An zwölf bis achtzehn Fuss hohe, steil abfallende Uferwände
aus Lehm, lehmigen Letten, Mergel mit Sand gemischt, selten
aus reinem Sand bestehend, wechselten ab mit sanft abfallenden
Hängen, die dann durch das allmählige Sinken des Wassers mehrere
oft verschieden gefärbte, terrassenförmige Schichten zeigten. Allenthalben
ist der unterspürte Uferrand, oft mit mehreren Bäumen zugleich,
herabgestürzt oder droht herabzustürzen. Breite, mehr oder
weniger ausgetrocknete Seitenarme, abgelassenen Teichen vergleichbar,
zeigen sich bald zur Rechten, bald zur Linken. Wir hatten sie
auf der Hinreise weniger, oft gar nicht bemerkt, da sie dann zuweilen
vereint eine ungeheure Wasserfläche bildeten, aus der damals
nur die Weidendickichte hervorragten. Letztere waren jetzt grössten-
theils trocken gelegt und zeigten meist einen dicht mit Equiseten
oder fast bis an die Brust reichendem Riedgrase (verschiedene Carex-
Arten) bedeckten Boden, eine Vegetation, welche in den hinter den
Ufergehölzen liegenden flachen Strecken noch üppiger hervortritt.
Hier fanden sich dann meist noch mehr oder minder breite Gräben
und stagnirende Sumpfstellen, in denen sich zuweilen eine reiche
Ausheute an Süss wasser conchylien machen liess Vor Allem waren
unsere Lymnaea stagnalis und palustris vertreten, ausserdem Planorbis
corneus, marginatus, Succinea putris und Pfeiferi häufig. Cyclas
caliculata fand sich zu Tausenden im noch feuchten Ufersande. Die
Weiden, welche den grösseren Theil der Ufer einfassen und je
weiter wir nach Südwest vordrangen, um so höher und stattlicher
und mehr und mehr mit Birken und Pappeln gemischt waren, zeigten
zugleich den Stand des Hochwassers am besten. Nicht allein, dass
stellenweise der Boden dic^t mit angespülten Stämmen und Aesten
bedeckt war, auch in den Zweigen hing, oft über mannshoch, Treibholz,
und bildete ein Gewirr, welches die ohnehin dichtstehenden
Stämmchen zuweilen im wahren Sinne des Wortes undurchdringlich
machte.