Wlangali (p. 20) ausführlich beschreibt, „Weissfische“ d. h. Njelma,
Asche u. A. mit Zugnetzeu gefangen.
Geweckt von den misstönenden Stimmen der Kameele, die in
bekannter, aber berechtigter, übler Laune ihrem Missfallen wiederum
beladen werden zu sollen Ausdruck gaben, stand ich schon um
3 Uhr früh (3. Juni) auf, aber erst gegen 6 Uhr war Alles fertig
und wir konnten die Pferde besteigen. Das Beladen der Kameele
macht, namentlich zum ersten Male, viel Umstände, denn es kommt
vor Allem darauf an gleichmässige Lasten herzustellen, und dies
war bei unseren so verschiedenartig gestalteten Collis eben nicht
leicht. Nur die Jurte bildete, wie gewöhnlich, eine wolbekannte
Ladung, die, den Jurtenkranz oben aufliegend, in der durch die
Skizze illustrirten Weise, transportirt wird. Da nur wenige Tagemärsche
bevorstanden, konnte den Thieren mehr aufgeladen werden
als gewöhnlich. Das Gewicht, welches ein Kameel bei Karavanen-
reisen trägt, ohne überladen zu sein, soll 216 Kilo nicht überschreiten;
nur die stärkeren Büllen können bis 270 Kilo*) tragen.
Das Laden selbst muss mit grösser Sorgfalt geschehen. DemThiere,
welches durch den Ruf „Dschu, dschu“ oder Schläge auf die Knie
zum Niederlegen gebracht wird, bedeckt man mit dicken Pilzen
die Höcker und den Körper, und legt dann erst ein hölzernes Gestell,
den Sattel auf, an welchen die Last mit Stricken festgeschnürt
wird. Bei diesen Verrichtungen hört das Kameel gewöhnlich nicht
auf seine ungemein hässlichen Klagelaute, ein widerliches, sehr
variirendes Brüllen, auszustossen, speit auch wol halbzerkaute Speisereste
um sich. Denn selbst Angriffen von Wölfen gegenüber, weiss
sich das überaus stupide und furchtsame Thier, nicht seiner klotzigen
Püsse zu bedienen, sondern speit und brüllt nur. Das Kameel wird
an keinem Halfter geleitet, sondern man durchbohrt ihm die Nase
oberhalb der Nasenlöcher mit einem kleinen hölzernen Pflocke und
zieht später einen härenen Strick durch. Mittelst dieser Leine wird
ein Kameel an den Schwanz des anderen gebunden, so dass eine
lebende Kette von 15 bis 20 Stück entsteht, deren Leitung in der
Hand eins zu Pferd reitenden Führers liegt. Zuweilen passirt es,
dass- eines der Kameele stürzt und bei dieser Gelegenheit der Knoten
*) Nach Przewalsky, der (Keisen in der Mongolei etc. p. 104) überhaupt die
beste Schilderung des zweibuckeligen Kameels oder Trampelthieres giebt, welche
ich kenne. — Ueher Fortpflanzung: Pallas, ßeise I. p. 397. —
des Strickes die Nase zerfetzt; denn das Thier hat sich weder bei
Kirghisen noch Kalmücken einer sanften Behandlung zu erfreuen,
ausser, wie bereits erwähnt, in seiner frühesten Jugend. Das zweijährige
Thier begleitet schon die Karavanen, aber erst im vierten
trägt es Lasten und gilt erst im fünften zu schwerem Dienst brauchbar,
den es unter Umständen bis ins 25. aushält. Ein Lastkameel vermag
vier Wochen lang täglich bis 40 Werst zurückzulegen, ein schnelles
Reitkameel (von denen wir übrigens keine zu sehen bekamen) bis
100 W. Dabei kann es 8 bis 10 Tage lang ohne Nahrung, bis
7 Tage, in der Sommerhitze aber höchstens 3 bis 4 Tage, ohne
Trank*) aushalten und verträgt sowol Hitze als Kälte. Doch werden
die auf der Steppe frei überwinternden Kameele, trotz ihrem ohnehin
mächtig dicken Haarkleide, noch in Filze eingepackt. Während
das afrikanische Dromedar nur für die Wüste und Steppe taugt,
ist das Kameel auch für Gebirge brauchbar, sobald es die Pfade
nur irgend gestatten. Wir selbst sahen es in Höhe von 3 4000 Fuss,
aber die nach Lassa ziehenden Kameel-Karavanen haben in Thibet
an 5000 Meter hohe Pässe zu überschreiten, Dass das Kameel ein
äusserst genügsames Thier ist, erfuhren wir zur Genüge. Die
Wermut- und Balz-Pflanzen der Steppe, das dürre Dschigras, und
andere vertrocknete Gewächse, verzehrt es mit grossem Behagen;
am liebsten weidet es aber in den stachelbesetzten Tschingin-
Gesträuchen, (Caragana pygmaea), welche weithin wuchern. Der
Preis eines guten Kameels beträgt in der Kirghisensteppe 30 bis
40 Rubel; doch sind die, in der That sehr hübschen, besonders geschätzten,
weissen ansehnlich theurer.
Wir durchzogen die armseligste aller bis jetzt gesehenen Steppen,
welche mehr die Bezeichnung Wüste verdiente, denn wenigstens in
dieser Jahreszeit ist- stundenweit kein Fluss, kein Teich, nicht einmal
ein Tümpel oder Lache zu finden. Unser Weg führte über dicht
mit Steinen und Kieseln bedeckte Flächen, hie und da mit Einsenkungen,
in welchen der in tausend Sprünge geborstene, mosaikartig
aussehende, Lehmboden unschwer ausgetrocknete Teiche und
Seen erkennen liess, die im Frühjahr diesen Theil der Steppe un-
passirbar machen. Hier zeigte sich zuerst ein auch dem Laien
auffälliger baumartiger Strauch, dessen blätterarme Aeste besenartig
*) Gerhard Rohlfs versichert, dass seine Dromedare einmal 17 Tage lang
nicht abgetränkt worden waren („Drei Monate in der Libyschen Wüste“, p. 166.).
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