von Mundvorräthen benutzen. Gewiss ein hübsches Zeugniss von
Elternliebe, welche ein ziemlich werthvolles Geräth ihrem Lieblinge
widmet. Zuweilen fand ich die dem Kinde mitgegebene Wiege in
einem nahen Baume aufgehangen, was wol zu der, auch * von
Schrenk (526) mitgetheilten, Angabe veranlasste, dass Kinderleichen
aufgehängt werden. Dass Frauen die specifischen Geräthschaften
des täglichen Lebens, als: Nähkasten, Nähzeug, Geschirr aus Birkenrinde,
Gerbeisen, Schuppenschaber, hölzerne Löffel u. s. w. mit ins
Grab erhalten, wird man von selbst voraussetzen können. Es verdient
aber bemerkt zu werden, dass Frauen mit eben der Sorgfalt
bestattet sind als Männer und man kann hieraus den Schluss auf
eine ebenbürtige gleichberechtigte Stellung ziehen. Wäre das weibliche
Geschlecht so verachtet als dies gewöhnlich angenommen wird,
man würde sich jedenfalls nicht so viel Mühe mit ihrem Begräbniss
machen. Schrenk begegnete wandernden Samojeden die mit dem
Leichnam der Hausmutter auf einer weiten Reise nach der Meeresküste
begriffen wanre. In der beschriebenen Weise waren alle
heidnischen Grabstätten beschaffen, die wir antrafen. Es sind dies
eine recht grosse Menge, denn bei Chalispagor zählte ich allein
etliche 50 Gräber. Wie man also mit zweifelloser Gewissheit das
Geschlecht der Verstorbenen bestimmen kann, so ersieht man auch
aus der Bestattungsweise die Beschäftigung und den Wohlstand derselben.
Jemehr zerbrochene Renthierschlitten und Renthierschädel
sich beim Grabe befinden, um so reicher und angesehener war der
Begrabene selbst. Die wenigen wirklichen Gräber, d. h. mit Brettern
zugedeckte Gruben, bezeichneten also offenbar Ruhestätten von
Armen, denen man keinen Sarg zu gönnen vermochte und hier
fehlen auch meist Schlitten und anderes Geräth. So fand ich in
einem solchen wirklichen Grabe den Todten auf seinem Schlitten
liegend eingescharrt; doch war das Grab innen mit Brettern äus-
gekleidet. — Der mit Pelz und Lappen umwickelte Kopf des Todten
liegt nach Süden, die Füsse nach Norden, so dass die sonst regellos
verstreuten Gräber meist einerlei Richtung einhalten. Das Klima
conservirt- übrigens Todte und Grabstätten ausserordentlich , denn
wenn auch letztere mit der Zeit einfallen, so bedecken sie doch die
Gebeine. Ueberwuchernde Zwergbirken helfen sie j befestigen und
bezeichnen die Stelle noch nach einer Reihe von Jahren, in welcher
die meist sehr lüderlich angelegten Gräber der Russen keine Spur
mehr hinterlassen. Nach den Querschnitten solcher auf Gräbern
gewachsenen, von mir mitgebrachten Zwergbirken bestimmte Professor
Nördlinger das Alter der letzteren auf 40 Jahr. Auf den gänzlich
holzarmen Tundren des Taimyrlandes fand Middendorff (p. 1465)
Todte unter und zwischen Geröllsteinen begraben und zwar in
hockender Stellung zusammengeschnürt, „also genau so, wie es zur
Steinzeit in Europa gehalten wurde.“
Ich muss noch einer besonderen Einrichtung gedenken, die bisher
übersehen worden zu sein scheint. In der Nähe der von mir
besuchten Begräbnissplätze fand ich fast stets ein Götzenhäuschen.
Bei Tschornii-jar standen auf der offenen Tundra des rechten Ufers
zwei. Sie stellten hübsche Miniaturmodelle von ostiakischen Winterhütten,
etwa in der Grösse eines Hundekobens dar, waren mit
Birkenrinde gedeckt und mit einem Baumstamme beschwert, um sie
vor Wind zu schützen. Die Thür war mit einem angestemmten
Holzstück verschlossen. Das Innere enthielt je eine nach Ostiaken-
art gekleidete Puppe, sowie ein Inventar an Hausgeräth, als: Löffel,
Schalen, Messer u. s. w. Eine Feuerstelle und ein Renthierschädel
bewiesen, dass auch hier eine Opfermahlzeit gehalten worden war..
In wie weit diese Sitte mit dem Begräbniss in Verbindung stehen
mag, vermochte ich nicht zu ermitteln, vermuthe aber, dass diese
Götzen und Götzenhäuschen, wie die Geräthschaften eine Mitgabe
der Todten. darstellen. Vielleicht bezieht sich diese Sitte auch auf
die von Castren (I. p. 296) gemachte Mittheilung (vergl. auch Pall,
p. 59), nach welcher gleich nach dem Tode ein Bild des Verstorbenen
gefertigt und drei Jahre lang mit denselben Ehren als
früher der Lebende behandelt, d. h. gespeist und gekleidet und
dann „ins Grab hinabgesenkt,“ wird. Kowalski (p. XXVII) äussert
sich ähnlich und Poljakoff sagt (p. 52) „die Frau des Verstorbenen
macht sich zum Zeichen der Trauer eine Puppe und schläft in der
Nacht mit ihr; am Tage hat sie dieselbe vor sich und ergötzt sich
an ihr.“ Ich habe Grund anzunehmen, dass die genannten Reisenden
in Bezug auf diese Geschichte nicht nach eigener Beobachtung,
sondern nur nach Hörensagen berichten. In den vielen heidnischen
Gräbern, welche ich untersuchte, fand ich niemals eine derartige
Puppe, bemerkte auch sonst keine Anzeichen, welche auf solche
Sitte schliessen lassen. Ueber die Begräbnissfeierlichkeiten lasse ich
Jorka Mamrun sprechen.
Erlauben es Zeit und Verhältnisse, so werden schon bei einem
ernstlichen Erkrankungsfalle eines hervorragenden Familiengliedes
3 5 *