Ein sehr bedeutender Handelsartikel ist dagegen Mebl, welches noch
heut auf einem seit mehr als 300 Jahren bekannten Wege nach der
Petschora gelangt. Derselbe führt auf der Sosswa und Sygwa (ostiak.
Sack-ja) zu dem Jurtenplatze Laepina, wohin selbst im Sommer
grössere Fahrzeuge gelangen können, und wo Syrjänen von Ischma
Magazine halten. Diese führen im Winter das Mehl nach der
Petschora,*) die man im Sommer mittelst kleiner Böte auf dem Sukker-ja
und der dem Schtschugor zuströmenden Nak-Sory-ja, erreichen kann
und wobei nur c. 40 W. Land zu passiren sind.
Ackerbau ist bei Bereosoff nicht mehr möglich, da schon der
Anbau von Kartoffeln, Bohnen, Erbsen und Gurken besondere
Mühe macht; doch sieht man noch einzelne Georginen. Dagegen
geben die reichen Wiesen der Sosswa, welche jetzt überschwemmt,
ein fast unabsehbares Meer bildeten, reichen Ertrag an Heu und in
Folge dessen werdeif, neben etlichen Pferden, in beschränkter Zahl
Kinder,**) Schafe, Ziegen, sogar Schweine gehalten. Doch sind Ren-
thiere und Hunde für die Bereosoffer die wichtigsten Heerden- und
Zugthiere. Renthiere kosten 5 — 6 R., gute Leitthiere 10 R. und
mehr; Zughunde 2 R. das Stück. Renthierfleisch, welches im Winter
gefroren von den Syrjänen der Petschora angebracht wird, bildet,
neben Fischen und Wassergeflügel die hauptsächlichste Nahrung
der meisten Bewohner. Hühner sah ich ebenfalls aber keine
Tauben mehr.
Omithologisch findet der Haussperling hier seine nördlichste
Verbreitungsgrenze, ist aber, wie sein College, der Feldsperling,
Zugvogel, der im Winter verschwindet. So versicherte Dr. Krzywicki,
ein Pole, welcher hier schon längere Zeit als Kreisarzt ansässig und
der einzige Mediciner zwischen Obdorsk und Tobolsk ist. Nach
diesem Herrn würde auch der Maulwurf hier noch Vorkommen.
In Begleitung des Ispravnik besuchten wir auch einige am Ende
der Stadt liegende, jetzt verlassene Winterhütten (ostiak. „Tal-chot“)
*) Castren (Reise I. p. 276) spricht von einer, jedenfalls sehr wichtigen,
Canalverbindnng zwischen Ob nnd Petschora mittelst des Jelez, einem Nebenflüsse
der Uusa nnd des Sob, die 1844 geplant, aber nicht ansgeführt wurde, ebenso
wenig als Sidoroifs Plan beide Flösse mittelst Woikor nnd Lemwa zu verbinden
(Peterm. Mitth. 1868 p. 66).
**) Auf dem Bilde p. 369 ist eine nach der Natur gezeichnete Kuh als Typus
der hiesigen Rasse dargestellt. Das Vieh ist im Ganzen schlank, aber kaum kleiner
und schlechter als in Sibirien, ausgenommen der reichen Steppengegenden.
der Ostiaken. Sie waren, wie die Abbildung zeigt, keineswegs so
elend, als man dies nach Pallas’ (Sujew’s) Schilderung (III. p. 43)
schliessen sollte. Aus Balken zusammengefügt, bestand das Dach
sehr zweckmässig aus Erdsoden. Seitlich war eine Fensteröffnung
vorhanden, die jetzt offen stand, da die „Glasscheibe“ weggeschmolzen
war. Als solche wird nämlich meist ein helles Stück Eis eingesetzt,
welches man einfrieren lässt und dass in dem, ohnehin dunklen, Winter
für diese Leute hinreichend Licht durchlässt. Das Innere der Hütte
besteht zunächst in einer Art Entree, aus welchem man erst in den
eigentlichen Wohnraum gelangt, der, der grosséren Wärme halber,
halbunterirdisch ist. Hier sind an den Wänden, etwas erhöht, Bretter
als Schlafstellen aufgeschlagen und in der Mitte befindet sich die
Feuerstelle. Im Winter mag bei der Menge der Bewohner, welche
hier leben müssen, der Aufenthalt allerdings nichts weniger als ge-
müthlich sein, aber ich kenne Plätze in Deutschland, welche kaum
bessere Wohnstätten aufzuweisen haben. So kann in den Moor-
districten Norddeutschlands manches Haus, wie hier so häufig ohne
jeden Schornstein, bezüglich Rauch, Russ und schlechter Luft es
nahezu mit solch ostiakischer Winterhütte aufnehmen. Und was
Kowalski (p. XIX.) von der Einrichtung syrjänischer Häuser an der
Petschora schreibt, klingt auch nicht sehr erbaulich.
F in s c h , Reiso. I. 2-x