ihn unter den Namen Wuseng-potlang, d. h. mit Loch auf Schulter.
So war am 12. August in Chalispagor, wenige Tage vor unserer
Ankunft, eine „Schule“ von vielleicht 50 Stück gesehen worden.
Sie sollen noch 3 Stationen weiter als Kuschowat hinautgeheu, ja
Poljakoff wurde von einem Delphin erzählt, der bis Belo-gore beobachtet
worden war. Die Fischer sehen das Erscheinen der Belucha
übrigens gern, da sie annehmen, dass sie die Fischzüge aus dem
Meerbusen vor sich hertreiben; doch werden sie nicht alle Jahre
bemerkt. Die Thiere, welche so zahm sein sollen, dass sie sich
zuweilen ganz nahe kommen lassen, werden übrigens nicht verfolgt,
schon desshalb, weil es den Obbewohnern durchaus an Fanggeräth
fehlt. Dagegen wird der Weisswalfang im Mündungsgebiet des
Jenissei, sowie namentlich an der Waigatz-Strasse, hier auch die
Seehundsjagd betrieben (vergl. Pall. III. p. 84, Hofm. p. 51 und
Schrenk p. 292, 367, 579, 645, 647 und 'il. p. 409).
Nach acht vollen Tagen wurden wir endlich am 4. October
aus unserer unfreiwilligen Haft in Samarowa erlöst, die mir übrigens
keineswegs ungelegen gewesen war, denn ich konnte Manches besser
verpacken, was namentlich für die Spiritualien sehr nöthig war.
Der hübsche Räderdampfer „A. Kruschow“, eine Arrestantenbarsche,
im Schlepptau, der letzte von Tomsk expedirte kam an und der
freundliche Capitain Aphanasi Constantinowitsch Anisimoff, that
Alles, um uns auf das Beste unterzubringen. Als eins der Igna-
toff’schen Schiffe fühlten wir uns so wie so schon heimisch, freuten
uns aber noch mehr Herrn Wardrapper als ersten Ingenieur an
Bord zu finden. Auch der Restaurateur Michael Sergeiwitsch
Tschemik war ein alter Bekannter vom „Beljetschenko“ her und
so fehlte es uns an Nichts um die Reise zu einer angenehmen zu
machen.
Die Fahrt auf dem Irtisch, mit seinem etwas helleren gelbbräunlichen
Wasser, war bei Weitem- weniger interessant als die
auf dem Ob, dessen wenn auch immerhin gleichmässige 'Uferlandschaft
viel mehr imponirt, wie der Strom selbst. Ich kann daher
keineswegs mit Castren übereinstimmen, der den Irtisch den schönsten
Strom des Nordens nennt. Wie alle sibirischen Flüsse dehnt sich
der Irtisch in ungeheuren Krümmungen und zeigt zur Rechten
meist ein hohes steil abfallendes Ufer aus Sand, Lehm, Mergel und
Letten, hier und da mit Torfschichten gemischt, welches indess nur
selten jene imposante, in malerischer Fülle üppiger Vegetation
prangende Höhe als am Ob erreicht. Waldbrände haben hier wie
allenthalben in Sibirien ihre verheerende Wirkung ausgeübt. Mehrere
Werst weit sieht man zuweilen verdorrte Bäume, die mit ihren
kahlen Stämmen und Aesten mächtigen Besen gleichen, oder Waldbestände,
in welchem sich bereits die junge Generation üppigen
Baumwuchses aus der Asche erhebt, denn diese Forsten weiss die
Natur selbst wieder zu erneuern. Die Wälder bestehen gemischt aus
Fichten und Kiefern, welche mit Birken und Pappeln abwechseln,
hier and da die eine Baumart prävalirend. Indess bleibt das Gelborange
des abgestorbenen Laubwaldes auf weite Strecken vorherrschend,
für das flache linke Ufer fast ausschliessend. Hier und da
senkt sich das rechte Hochufer und bildet flache, mit Weiden besetzte
Uferniederungen, in denen zahlreiche Rinder und Pferde
weiden. Die Ufer sind überhaupt weit mehr bevölkert als am Ob.
Wo man dort nur auf weiten Strecken einsamen Jurtenplätzen be-
gegnete, reiht sich hier Dorf an Dorf, denen man die Behäbigkeit
ihrer Bewohner ansehen kann. Die hauptsächlichsten sind: Basian
(owo), Demiansk, Bronikowo, Jourourkaja, welche letzteren beide
schon von Sujew erwähnt werden. Die Fischerei tritt mehr und
mehr in den Hintergrund, Viehzucht und Landbau nach und nach
an die Stelle. Während bei Samarowa, ausser dem Anbau von
Kartoffeln, noch keine Feldfrüchte gezogen werden, weil sie überhaupt
nicht recht gedeihen, sahen wir bei dem Dorfe Woschka
(Woschkina, zu Deutsch „Lausedorf“), welches wir gegen 2 Uhr
desselben Tages erreichten, zuerst wieder ausgedehnte Getreide,
jetzt Stoppelfelder. Auf der ganzen Tour war dies überhaupt
das einzige Dorf, welches wir betreten konnten, weil der
Dampfer hier Holz einnahm, was im Uebrigen nur noch viermal,
meist an einsamen Uferstellen und in der Nacht geschah. Holzfeuerung
ist auf allen Dampfern der sibirischen Ströme ausnahmslos
die übliche und jedenfalls die billigste. Bei der überreichen Fülle
der Wälder wird dieselbe auch noch für Zeiten bestehen bleiben
können, während an der westlichen Seite des Urals bereits hie und
da Holzmangel eingetreten ist. Der Fluss selbst war jetzt auf
seinem niedrigsten Wasserstande und schien an Krümmungen sich
zuweilen gänzlich einzuengen. Aber ausgedehnte Sandbänke und
das oft wattartige linke Ufer hier und da mit teich- und seeartigen
Wasseransammlungen zeigten, wie erheblich die Fluthmarke bei
Hochwasser steigen muss. Das Thierleben war im Ganzen ärmer