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Sie wurden nach Photographien, welche Herr Lutik aus Tobolsk in
Obdorsk aufnahm, von Herrn W. A. Meyn in Berlin auf Stein
übertragen. Und zwar mit vollkommenster Portraitähnlichkeit, was
ich desshalb bezeugen kann, weil ich die Originale persönlich gut
kannte.
Die beiden oberen Köpfe (Fig. 1. Taf. 44) sind Portraits
von Marka, der in Obdorsk das hohe Amt eines „Zehner“,
d. h. Büttels, bekleidete. Unter ihm präsentirt sich, durch das
Schielen des linken Auges etwas entstellt, Herr Jatjüwa, ein
Vollblut-Ostiak und Sohn Kurrmäk’s, der als Schaman berühmt
sein soll, obschon er mit im Hofstaate des „allerchristlichsten“
Fürsten eine bedeutende Rolle spielt. Das Portrait auf Taf. 45
(rechts) stellt Prinz Pangi, einen Bruder des Kniäs dar, dem der
Eifer des Photographen unmotivirter Weise eine Zaubertrommel in
die Hand gab. Er ist selbstredend wie das ganze fürstliche Haus getauft,
doch dürften ihm vermuthlich die dumpfen Töne des Penser
noch immer lieblicher klingen als Kirchenlitaneien.
Die Dargestellten können als typische Ostiaken gelten und
zeigen wie erheblich die individuellen Abweichungen schon zwischen
wenigen Personen sind, welche durch ein Gruppenbild Lutik’s, den
Fürsten und sein Gefolge darstellend, noch vielmehr zur Geltung
kam. Hier zeigt unter ca. 10 Personen fast jede eine andere
Physiognomie, was umsomehr überrascht, als nahe Verwandte des
Fürsten darunter sind. Auch der mir persönlich bekannte Samojede
(No. 45) stellt eine durchaus typische Figur dar und ähnelt in etwas
seinem Stammgenossen Peika vom Tas in Middendorif (Juraken,
Taf. III).
Wie diese Portraits zeigen können nach unseren Anschauungen
weder Ostiaken noch Samojeden als „schöne Menschen“ gelten, allein
es giebt unter ihnen auch Individuen die selbst wir als „hübsch“
bezeichnen dürfen. Namentlich würde eine feine Garderobe bei
manchen Mädchen wunderbare Umwandelungen hervorbringen. Hinsichtlich
der Geschichte der Ostiaken und Samojeden mag bemerkt
sein, dass schon die ältesten Schriftsteller gewisse Kunde dieser
Völker besassen. So gedenkt Plano'Carpini bereits 1246 der Samojeden
und Marco Polo (1270—1295) hörte bereits von Pelzhandel
Bild. Die Ostiaken in Casträn (1856) haben nur als Costümbilder Werth, sind
aber in den Physiognomien verfehlt.