wird. Endlich haben wir die breite braune Wasserfläche des Ob
erreicht, aber wiederum führt uns Fata morgana verwirrende Gaukelbilder
vor, die uns, in zwar deutlichen aber flimmernden Umrissen,
ein Dorf vorzaubert. Erst um 7V2 Uhr erreichen wir dasselbe, um
hier das erste Mal die Ruderer zu wechseln, die wie auf dem Lande
„Jemtschik“ , d. h. Kutscher genannt werden. Kraft unserer
Empfehlungen konnten wir solche fordern, denn die ohnehin
schwachbevölkerten Uferdörfer sind nur verpflichtet die Post zu
befördern. Sie geht während des Sommers regelmässig alle 14 Tage
nur bis Bereosoff hinab, aber nicht bis Obdorsk. Doch erhält der
dort stationirte Sassjedatjelj (Kreisassessor) die für ihn ankommen-
den Briefschaften durch einen besonderen Boten, der dann wol auch
Privatbriefe mit befördert. Bei dem bedeutend lebhafteren Winterverkehr
geht eine wöchentliche Post bis Bereosoff und es werden
dann auch, soweit es die beschränkte Zahl der Pferde zulässt, zu
denen vor Bereosoff noch Hunde und Renthiere kommen, auch
Reisende zu den üblichen Sätzen befördert. Die Strasse führt dann
grossentheils auf dem Eis des Ob.
Für die Ruderer besteht eine feste Taxe, die für zwei Mann
pro Werst 3 Kop. beträgt, aber die Leute nehmen es nicht so genau und
scheinen namentlich wenig an Trinkgelder gewöhnt, denn sie zeigten
sich allemal sehr erfreut, besonders die Eingeborenen weiter stromabwärts,
welche wiederholt einen Fisch als Gegengabe offerirten.
In Folge der Ueberschwemmung, welche manche Krümmungen des
Stromes abkürzte, hatte ich bis Bereosoff für 537 W. (77 d. M.)
zu bezahlen, zu welcher Strecke wir 3 Tage und 11 Stunden
brauchten. Es war also verhältnissmässig sehr rasch und fast mit
einem Drittel der Geschwindigkeit eines Obdampfers gegangen. Wir
hatten 25 Stationen*) anzulegen, die in der Regel 15—20, aber
*) Es waren folgende: 1. links Belo-Gore, russ. Kirchdorf, 35 Werst; 2. 1.
Troitz(-kaja), t u s s . K.-D., 20 W.; 3. 1. Bogdaschkansk (Bogdaschinskaja), wenige
Häuser, 15 W.; 4. 1. Jelisarowo(skaja), gr. russ. K.-D., 55 Häuser, 35 W.; 5. 1.
Suchorowo(skaja), gr. russ. K.-D., 200 Einw., 30 W.; 6. rechts Suchorowskija
Jurty, etliche ostiakische Hütten, 13 W.; 7. r. Woron(i), 4 bis 5 ostiakische
Sommerhütten, 15 W.; 8. r. Sosnowa (Sesnowskija-Jurty), desgl., 15 W.; 9. r.
Karimkar (Karimskaja), desgl., 15 W.; 10. r. Leiimtschi(nskaja [Leüt-schinsk, Le-
uttschin] Leüschinsky-Jurty), 7 bis 8 ostiakische Blockhäuser, 20 W.; 11. r. Malo-
Atlim, r. K.-D., 15 W.; 12, r. Bolschoi-Atlim(sk), 10—12 ostiakische Winterhütten,
20 W.; 13. r. Kloster (Monastir) Kondinski, gr. r. K.-D., 20 Häuser, 45 W.;
auch bis 45 W. von einander entfernt liegen. Wie die Aufzählung
nachweist, sind nur 8 von Russen bewohnte Dörfer (davon 6 mit
Kirche) darunter, die übrigen Stationen meist unbedeutende, z. Th.
armselige, ostiakische Tschum- und Fischerplätze, die nur im Sommer
bewohnt sind, da sich die Ostiaken im Winter auf das linke Ufer
ziehen und hier dann in besonderen Winterhütten (simowje) wohnen.
Die Namen, welche mit „kar“ endigen, deuten, nach Pallas, solche
Plätze an, wo die Ostiaken vor oder während der Eroberung Sibiriens
feste Plätze besassen z. B. Karimkar. Unter den angeführten Stationen
werden No. 2, 5, 9, 11, 12, 13, 16, 18 und 22 schon 1771 von
Sujew erwähnt, bestehen also schon über 100 Jahr. Troitz (No. 2)
war damals ein nur von Ostiaken bewohnter Ort, die also seitdem
bereits weit zurückgedrängt wurden. Belo-Gore oder Bjelogorje,
wie diese erste Station heisst, zeichnete sich durch Taufabrikation
aus, die in. sehr ursprünglicher Weise auf der das Dorf umgebenden
grünen Wiese betrieben wurde. Nach Poljakoff liegt der wenige
Häuser zählende Ort auf einer vom Strome angespülten Insel, an
deren rechten Seite jetzt der Hauptstrom des Ob vorbeigeht,
während er früher an der linken floss, als Beweis wie sehr sich
der Lauf des Stromes mit der Zeit verändert. Jenseits der mächtigen,
wol mehrere Werst breiten Wasserfläche, erhob sich das hohe,
waldbedeckte Steilufer, von. den Anwohnern die „Ob-Berge“ genannt,
welches ununterbrochen den Strom an seiner rechten Seite eindämmt.
Unter den ersten 5 von Russen bewohnten Stationen am linken
flachen Ufer ist das Kirchdorf (Sselo) Suchorowskaja mit etwa 30
Häusern und c. 200 Einw. (darunter 70 Steuerpflichtige), wol das
grösste. Wir langten hier gegen Uhr Abends an und wurden
von einem Bezirkschef (Sassjedatjelj) begrüsst, der unsere Ankunft
bereits seit einigen Tagen erwartete. Wir hatten in Samarowa von
14. r. Nisam(skaja) (Mosanskaja), russ; Fischerplatz, etliche ostiakische Hütten,
15 W.; 15. r. Aljoschinsk(aja, Leschinskaja), desgl., 10 W.; 16. r. Scharkal(skaja,
Scherkali, Schorkar), r. K.-D., 20 W.; 17. r. Kolowat, 5 elende Fischerhütten,
20 W.; 18. 1. Tschematschewo(skaja), einige ostiakische Blockhäuser, 23 W.;
19. 1. Narimsk (Narimskaja, Naringa, Narikowskaja), 5 Ms 6 ostiakische Winterhütten,
15 W.J 20. 1. Arnimskaja (Arinskaja, Areninsk), desgl., 15 W.; 21. 1.
Nisamskaja (Nisä), desgl., 15 W.; 22. 1. Novija (Nowij'Jurty, Naigakar), 5 bis 6
Winterhäuser, Poststat., 27 W.; 23. 1. Nerimowskaja (Nerimowoje, Nerimowo), 3
Ms 4 ostiak. Blockhäuser, 27 W.; 24. 1. Scheitanskaja (Scheitanski-Jurty), etl. ost
Sommerhütten; 25. Bereosoff (Berjosow, Beresow, Berosof), Kreisstadt