trägt noch wesentlich dazu bei, versuchten Uebergang zu wehren.
In der Tiefe aber steht jeder einzelne Baum, jeder grössere Busch
auf einer kleinen Insel, welche er sich selbst geschaffen, und ringsum
flutet oder verbirgt sich unter schlammiger Decke das Wasser.
Mächtige Bäume liegen, von der hier allwinterlieh fessellos rasenden
Windsbraut gefallt, ihrer ganzen Länge nach am Boden, die einen,
obschon verdorrt, der Fäulniss noch widerstrebend, die anderen ihr
bereits gänzlich verfallen, vermorscht und vermulmt, von jungen
Stämmchen der eigenen Art, welche neben dem gefallnen Riesen,
oder in seinem vergehenden Leibe selbst Wurzel geschlagen haben,
überwuchert und verdeckt; von anderen sieht man nur den Eindruck
noch, welchen sie nach ihrem Sturze hinterlassen: sie selbst sind
vollständig verfault und vergangen. Gleichmächtige Stämme stehen
noch aufrecht, aber ihrer Kronen beraubt und dem Verderben preis-
gegeben; andere Wipfel sind zerzaust, ihre Aeste geknickt und gebrochen
vom Sturme. Dicht geschlossener Bestand wechselt mit
kahlen Blossen, Hochwald mit Dickichten ab; alte, greisenhafte
Ueberständer sind umringt von kräftigem Nach wüchse. Das Ganze
ist eine Wildniss, der Gesammteindruck aber, welchen dieselbe hervorruft,
kein günstiger; solcher Wald vermag wol in Erstaunen zu
setzen, nicht zu erwärmen.“ Der letztere Satz spricht selbstverständlich
nur ein subjectives Urtheil aus. Andere, zu denen ich
mich zähle, finden den Eindruck eines solchen echten Urwaldes über
alle Beschreibung erhaben und solche Wildniss gewährt ihnen gerade
den Hochgenuss, welchen man sich in unseren kunstmässigen Wäldern
nie verschaffen kann.
Der Abstieg von den Gebirgen hat durchgehends bedeutend
mehr Schwierigkeiten als das Emporklettern, aber die meisten Unannehmlichkeiten
bereiten entschieden die reissenden Gebirgswässer,
von denen wir heut wiederum mehrere zu überschreiten hatten.
Hier kann unter Umständen von wirklicher Gefahr gesprochen werden,
und Frau von Poltoratzky, die sonst vor nichts zurüekschreebte, war
manchmal wegen des Fräuleins besorgt. In der That erfordern
solche Passagen weniger einen kühnen, als einen besonnenen Reiter.
Man muss dem Pferde volle Zeit zum Besinnen lassen, denn es hat
bei den entsetzlichen Rollsteinen erst genau zu probiren, ob der
unbeschlagene Fuss sicheren Halt findet. Andererseits ist das Thier
aber auch anzufeuem und bei etwaigen Versuchen zu straucheln
mit festem Zügel emporzureissen. Die Packpferde müssen einzeln
an langen Leinen herübergezogen werden und nicht selten passirt
es, dass der Inhalt der Koffer nass wird. Die in Semipalätinsk an- .
geschafften Filzüberzüge erwiesen sich daher als sehr nützlich. Wenn
aber schon Pferd und Reiter oft so bedeutende Schwierigkeiten
haben, wie gelingt es den schwachen Schafen dieselben zu überwinden,
wird der Leser vielleicht fragen? In der That mussten die
Ausdauer und Leistungen dieser Geschöpfe, welche gleiche Märsche
als Pferde zu machen hatten, oft in Erstaunen setzen. Was nun
die Flusspassagen anbelangte, so suchte man, wo es angmg, für die
Schafe solche Stellen aus, wo sie von Stein zu Stein zu springen
vermochten. War dies aber, wie in so vielen Fällen, nicht möglich,
so wandten die Hirten eben Gewalt an, zogen mit der Schlinge des
langen Treibstockes den Leithammel erbarmungslos in die brausenden
Fluthen und die übrigen? je nun, die übrigen folgten eben, wie es
die Art der Schafe ist, gleichviel ob in’s Feuer oder in’s Wasser.
Noch mehr als die rauschenden und tosenden Gebirgswässer
selbst, machen oft die sie begrenzenden Moräste Sorge. Hier fallen
die Pferde zuweilen bis an den Bauch hinein, straucheln über verborgene
Steine oder Baumstämme, müssen nicht selten über letztere
wegsetzen oder können überhaupt nur mittelst Sprünge den Sumpf
passiren; und dann haben es die Nachfolgenden immer schwieriger
als die Voranreitenden. Wie sehr freuten wir uns daher, als nach
Ueberwindung so vieler Strapatzen gegen 4 Uhr das Lager aufgeschlagen
wurde, in dem schönen Thale des rauschenden Assu-bul,
von den dichtbewaldeten Höhen und Schneebergen umschlossen.
Die Schönheit dieser Gebirgslandschaft, welche zu anderer Zeit
jedenfalls entzückt haben würde, liess sich leider jetzt nur sehr frostig
gemessen; wir waren eben um einen Monat zu früh in den Altai
gekommen! Bald loderten mächtige Wachtfeuer, aber sie erwärmten
nur theilweis und den meisten Schutz gewährten immer noch die
allerdings total zerweichten Jurten. Bei dem Ueberflusse an Bäumen
hatten sich etliche der Gesellschaft erlaubt • drei ziemlich isolirt
stehende Pichten in Brand zu stecken, was erst nach vieler Mühe
gelang. Trotz den Verweisen des Generals entrang sich doch Allen
ein Ausruf des Staunens und der Bewunderung, als die Flammen
mit Blitzesschnelle bis zum Wipfel emporleckten und einen wahren
Funkenregen von Milliarden brennender Nadeln herabsandten, der
leider so schnell verging, als er entflammte. Den Stämmen, ja seihst