ausfragen zu lassen und so verdanken wir dem emsigen Compilator
wie von unzähligen anderen Thieren, auch vom Archar das vollständigste
Lebensbild (Thierleben 2. Ausgabe, 3. Band p. 349 und
Gartenlaube 1877, No. 45 p. 754). Freilich stützten sich seine
Mittheilungen hauptsächlich auf die trefflichen Beobachtungen
Severtzoffs, Przewalski’s (Reise in die Mongolei etc. p. 122 und 418)
u. A., die z. Th. ganz »andere Arten betreffen. Um das Bild des
Archars mehr zu vervollständigen, gebe ich daher einige Notizen
aus Brehm’s Zusammenstellung, ohne Garantie, ob dieselben gerade
auf die von uns berührte Art Bezug haben.
Das Archar lebt in kleinen Rudeln von 5—15 Stück, die meist
von einem sehr starken Widder geführt werden, der mit ungemeiner
Vorsicht für die Sicherheit sorgt und von Felskuppen aus fleissig
Ausschau hält. DieArcharart, welche Przewalski im Sumachadagebirge
antraf zeigte sich ungemein sorglos, während die in Nord-Thibet von
ihm beobachtete, weissbrüstige Art sehr scheu und vorsichtig war,
obschon sie hier wie da von Menschen kaum verfolgt wird. Das
Wildschaf der Arcatberge müsste in Anbetracht seines scheuen
Wesens mit dem Nord-Thibets zusammen fallen. Das Archar ist
ein Tagthier, welches die Nacht schlafend verbringt und mit Anbruch
des Tages von den höheren Felsgraten auf die Matten und Wiesen
der Gehänge und Thäler zur Aesung herabsteigt. Während der
Tageshitze kehrt es wieder auf die kühleren Höhen zurück um gegen
Sonnenuntergang einen zweiten Weidegang anzutreten. Dass die
Nahrung aus allerlei Pflanzen und Kräutern besteht bedarf wohl
nicht erst erwähnt zu werden. Wie Dr. Brehm angieht muss das
Archar im Winter mit Moos und Flechten vorlieb nehmen und soll
sich bei Unwohlsein mit Küchenschellen und ändern scharfen Anemonen
reinigen.
Mitte October findet die Brunstzeit statt, in welcher es zwischen
den alten Böcken heftige Kämpfe giebt, die selbstredend wie bei
allen Schafen und Ziegen durch Anprallen mit den Hörnern aus-
gefochten werden. Dabei soll es nun nicht selten geschehen, dass
einer der Kämpfer seinen Gegner in den Abgrund hinabstösst und
von solchen besiegten Nebenbuhlern rühren auch die Schädel resp.
Scelette her, welche sich wie oben erwähnt an gewissen Localitäten
im Altai und anderwärts finden und die stets nur Schädel alter
Widder aufweisen. Das Archarschaf geht 7 Monate träehtig und
bringt gegen Anfang Mai eins, selten zwei Lämmer zur -Welt, die
es mit äusserster Sorgfalt und mit Gefahr seines eigenen Lebens
hütet und beschützt. Die Jungen wissen sich äusserst gechickt
zwischen Steine gedrückt zu verbergen, sind aber wenige Tage nach
der Gehurt schon im Stande der Mutter behend zu folgen, wie unsere
eigenen Beobachtungen zeigten. Wir erhielten in den Arcatbergen
durch Kirghisen 2 Lämmer, die noch sehr jung, kaum 4 Tage alt sem
mochten, da sie noch Reste der Nabelschnur zeigten, und welche
der Gouverneur für uns aufziehen lassen wollte. Sie nahmen willig
das Euter der ihnen gebotenen Hausschafe und Ziegen und versprachen
sich trefflich zu entwickeln, sterben aber bald an Diarrhoe, offenbar
weil sich die Kirghisen keine grosse Mühe mit ihnen gegeben hatten.
Die Zähmung von Archaren wäre nach Pallas ziemlich leicht, aber
J. H. Gmelin berichtet von einem dreijährigen Widder, der jung aufgezogen
worden war, und sich so ungestüm geberdete, dass kaum 10 Mann
im Stande waren ihn zu bändigen. Dass sich das Archar mit unglaublicher
Schnelligkeit und Gewandtheit in seinen heimischen Felsbergen
zu bewegen versteht, bedarf wohl kaum der Erwähnung,
dass es sich aber verfolgt selbst in Abgründe stürzt und zwar auf die
Hörner, um den Prall zu pariren ist, wie Przewalski versichert, reine
Erfindung. Die Kirghisen und andere Völker Asiens jagen das Archar
nur des Fleisches halber; doch fand ich das Wildprett im Wiederspruch
mit Meyer nicht ausgezeichnet, sondern von einem etwas
anwiedernden strengen Beigeschmack.
Erwähnt mag noch sein, dass die Arehare von einer Zeckenart
(Dermacentor pardalinus, K.) heimgesucht sind, die beim Präpariren
auf mieh überging und eine böse erst nach Wochen heilende Wunde
veranlasste.
Den bisherigen Annahmen, wonach alle Wildschafarten Standwild
sind, wiedersprechen die von Graf Waldburg eingezogenen Erkundigungen',
denen zu Folge das Archar wandert! Wie Obrist
Chaldijeff, Herr Kamensky u. A. in Sibirien seit lange ansässige Jäger
dem Grafen versicherten, sollen die Arehare alljährlich im Herbst aus
dem südlichen Altai nach dem Tarbagatai und den Steppen am Bal-
chasch ziehen, Man zeigte uns in den Felslabirynthen des Irtisch auf
der Strecke zwischen Buchtarminsk und Ust-Kamenogorsk eine Stelle,
wo die wandernden Arehare den Fluss zn überschreiten pflegen.
So gewichtig die obigen Zeugnisse auch erscheinen mögen, sie beweisen
eben nur, wie leicht Irrungen Vorkommen können, denn nach den
unzweifelhaften Nachrichten von Ledebour und Meyer beziehen sich