und erbittet Hülfe, meist in dem Glauben, dass mit der Taufe das
Kind zugleich die Gesundheit erlangen werde. Da gilt es dann,
oft mitten in der kältesten Winternacht, meilenweit durch Wälder
zu fahren, und bei solchen Gelegenheiten war Bruder Benedict dem
Tode des Erfrierens mehr als einmal nahe. Unter solchen Verhältnissen
ist es nicht zu verwundern, wenn die Mönche eine Versetzung
nach Kloster Kondinsky nicht eben mit Freuden begrüssen
und dass statt der vorgeschriebenen Zahl von zwölf nur fünf anwesend
sind. Ich besuchte mit Bruder Benedict das Innere der
Kirche, welches einen Kaum für den Sommer- und einen heizbaren
für den Wintergottesdienst, im Uebrigen nichts Bemerkenswerthes
enthält, als einige alte, getriebene Silberarbeiten, darunter, als hervorragendster
Schatz, eine an zwei Pud schwere, schön gearbeitete
kolossale Bibeldecke.
Unter herzlichem Dank schieden wir von dem freundlichen
Geistlichen, der für die reichen Vorräthe jede Bezahlung in liebenswürdiger
Weise ablehnte.
Unser Leben verfloss in sehr regelmässiger Weise. Im Falle,
dass es Lage und Zeit der Stationen nicht erlanbten, legten wir an
einer geeignet scheinenden Uferstelle an, um abzukochen. Dies geschah
zweimal täglich; wenn möglich früh gegen 9 und Abends
gegen 6 Uhr, und kostete jedes Mal mindestens zwei, oft bis drei
Stunden Aufenthalt. Denn Wind und Regen waren unserem Fortkommen
oft sehr hinderlich, wie auch die Nacht, da wir mehrmals
der Dunkelheit wegen liegen bleiben mussten. Es war dies immer
gerathener als mit dem Schiffe auf Grund zu kommen, was auch
passirte und allemal Aufenthalt und Anstrengung verursachte. Die
Zeit während des Essenkochens, welches Martin Dserwit und Iwan
Semeonowitsch mit grösser Virtuosität betrieben, wurde mit der Jagd
ausgefüllt; Graf Waldburg und ich sammelten ausserdem, was wir
bekommen konnten. Ging es dann wieder weiter, so hatte ich mit
Präpariren des Gesammelten alle Hände voll zu thun, wobei mir
Martin Dserwit und Iwan, soweit es das Abbalgen betraf, getreulich
halfen. Obwol Abenteuer am Ob nur selten Vorkommen
können, so blieb uns ein solches dennoch Vorbehalten, wenn es auch
nicht von Bären oder anderen Räubergeschichten handelt. Wir
hatten am Nachmittage des 21. September Worono (d. h. Krähendorf)
erreicht. Die wenigen ostiakischen Sommerhütten, auf breitem,
jnit Treibholz belegten Strande, lagen an der hohen Uferwand,
welche mit einem jener Walddickichte bedeckt war. Wir eilten
sogleich auf die Jagd, wobei die braven Hunde der Niederlassung
gewöhnlich freiwillig das Geleit geben. Sie lassen sich in diesem
Vorhaben durch keine Prügel und Stein würfe abschrecken, denn
man lernt bald einsehen, dass sie mehr schaden als nützen. Freilich
wissen sie Eichhörnchen, Haselhühner oder anderes aufgebäumtes
Wild trefflich zu verbellen, allein fällt der Schuss und die Beute,
so mag der Schütze zusehen um sie bei Zeiten den Zähnen des
Hundes zu entreissen. Es war ein mit Regen drohender trüber Tag
und im Innern des Waldes daher noch düsterer. Ich traf Weindrosseln
(Turdus iliacus), uralische Spechtmeisen (Sitta uralensis),
den düsteren Laubsänger, und stiess auf eine Kette Haselhühner (ost.
Kuschdowoi), von denen ich drei erlegte, aber nur eins finden konnte.
Dieses reizendste aller Waldhühner ist durch seine Manieren so
recht geeignet, den Jäger in das Dickicht zu locken. Man sieht
sie auf bäumen, allein es ist schwierig, sie im Gewirr der Zweige
wahrzunehmen, weil ihr Gefieder so sehr an Moos und Flechten
erinnert. Plötzlich hört man ihr leises Pfeifen oder den sanften
Flügelschlag. Das Wild ist nicht scheu und fällt bald wieder ein;
dort in jener Birkendickung wird man es wieder antreffen und vielleicht
gelingt es dann, sich in Schussnähe heranzupürschen. So ge-
räth man weiter und weiter in den Wald und ich musste endlich
gewaltsam von der ferneren Verfolgung abstehen, um den Rückweg
nicht zu verfehlen, denn die Sonne war nicht sichtbar. Dr. Brehm,
der gewöhnlich schon seinen Thee zn trinken pflegte, fehlte noch
im Lager, ebenso Graf Wald bürg, der oft länger ausblieb und sehr
weit umherstreifte. Ich fing an allein zu essen, die Gefährten
mussten ja jeden Augenblick eintreffen, denn es war 6V2 Uhr.
Aber Minute auf Minute verrann und unsere Ungeduld stieg. Um
7 Uhr fingen wir schon an zu fürchten, dass sich die Herren verirrt
haben könnten, denn der Abend fiel bedenklich ein und im
Walde war es zur Jagd jedenfalls bereits zu finster. Ich schickte
Ostiaken aus, welche kräftig schreien mussten, liess ein mächtiges
Feuer aus ein paar Baumstämmen anzünden, und begab mich selbst
ein paar Werst dem Ufer entlang, wobei ich soviel Signalschüsse
abfeuerte, als Patronen vorräthig waren. — Alles vergebens, denn
keine Antwort liess sich vernehmen. Da die Ostiaken bei dem
herrschenden Winde nicht erlaubten, auf dem hohen Uferrande selbst
ein Feuer anzuzünden, was sehr verständig war, so schickte ich